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70. Ehejubiläum 70. Ehejubiläum: Gerda und Heinrich Dieck feiern in Seyda

Von Ute Otto 22.03.2017, 14:35
Ministerpräsident Reiner Haseloff im Gespräch mit den Jubilaren.
Ministerpräsident Reiner Haseloff im Gespräch mit den Jubilaren. Otto

Seyda - Ihren 70. Hochzeitstag feierten am Mittwoch Gerda und Heinrich Dieck in Seyda. „Ein seltenes Fest, das aber jetzt häufiger vorkommt“, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Im Kreis Wittenberg ist dies die zweite Gnadenhochzeit in diesem Jahr.

Nicht immer schaffe er es, die Ehrenurkunden für Hundertjährige und Jubelpaare ab der Diamantenen selbst zu überreichen, so Haseloff. Diesmal habe er sich das nicht nehmen lassen wollen, weil sich einiges in der Biografie des Paares kreuzt mit Lebenswegen seiner Vorfahren.

So sei die Geburt seiner Eltern im Amt Seyda registriert worden wie auch bei der 1924 in Mügeln geborenen Gerda Matthes. Und er habe Verwandte in Essen.

Heinrich Dieck stammt aus Essen. Er war bei der Luftwaffe und in der Nähe stationiert, als er in der Gaststätte in Mügeln, die den Eltern der Freundin von Gerda Matthes gehörte, seine spätere Frau kennenlernte. Sein angehender Schwiegervater hatte einen Ofensetzerbetrieb.

Und weil es ihnen nach dem Krieg als das Beste erschien, hier zu bleiben, sattelte der gelernte Modelltischler beruflich um, legte 1951 die Meisterprüfung ab und übernahm 1953 den Betrieb. „Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt. Wären die Kommunisten nicht gewesen, wären wir sicher nicht weggegangen“, sagt der 92-Jährige.

Allerdings machte es dieser Staat den Selbständigen schwer. „Ich habe kein Material mehr bekommen, Öfen zu bauen. Und nur von Reparaturen und Öfen reinigen, konnte ich keine vierköpfige Familie ernähren.“ 1958 floh die Familie in den Westen, nach Essen.

Der Neuanfang gelang. Heinrich Dieck konnte wieder Öfen und Kamine bauen und war zudem noch Fliesenleger. Und Freizeitpilot im Segelfliegen. Den Kontakt in die Glücksburger Heide haben sie aber nicht verloren.

Auf der Suche nach einem Ort „zum Entschleunigen“ fand Gisela Dieck, die ältere der beiden Töchter, das Anwesen im Seydaer Amtshof. Sie ließ es modernisieren und mit Eintritt in den Ruhestand vor sechs Jahren zog sie nach Seyda.

Weil die Eltern gebrechlich und pflegebedürftig geworden waren, habe sie sie vor einem Jahr hergeholt. „Wir sind wieder hier, weil uns unsere Tochter gut versorgt“, sagt Heinrich Dieck. „Besser spät als nie“, zählt der Ministerpräsident die Neu-Seydaer zu den Landeskindern, die es zu ihren Wurzeln nach Sachsen-Anhalt zurück zieht.

Dass sie sich wie in diesem Fall auf dem Lande niederließen, „spricht doch auch für die Lebensqualität hier“.

Zusammenhalt, das sei das Wertvollste, was ihnen ihre Eltern vermittelt hätten, sagt die jüngere Tochter Karin Coorßen, die Essen weiterhin die Treue hält. „Die Eltern sind immer für uns dagewesen und nun sind wir für die Eltern da.“

„In einer gesunden Familie ist das so“, fügt ihr Vater hinzu. Er freut sich auf die Feier am Sonnabend im Familienkreis, zu dem nun schon zwei Urenkel gehören, und mit allen anderen Verwandten und Freunden.

Bevor sie sich an der Tafel versammeln, geht es in die Kirche. An diesem Mittwochvormittag gratulierten noch die Seydaer Kindergartenkinder mit einem Ständchen. „Das hätte wir in Essen nicht gehabt“, sagt Heinrich Dieck gerührt. (mz)