Stadtkirche Mansfeld Stadtkirche Mansfeld: Martin Luther als Treckejunge

Mansfeld/Halle (Saale) - „Gute Kunst muss spannend sein“, sagt Marc Fromm (43). Der renommierte Bildhauer aus Halle arbeitet derzeit an einer Skulptur, die künftig das Nordportal der Mansfelder Stadtkirche St. Georg zieren wird. Zentrales Motiv des Kunstwerks ist Martin Luther als Treckejunge. Die etwa 1,20 Meter große Plastik wird flankiert durch einen symbolischen Hunt (einen Förderwagen im Bergbau), aus dem ein Drachenschwanz ragt, sowie ein Apfelbäumchen.
Die Mansfelder Kirchengemeinde setzt mit dem Auftragswerk erneut einen starken künstlerischen Akzent in der Kirche. Erst in diesem Frühjahr sind im Chor und in der Grafenloge jeweils zwei modern gestaltete Fenster eingeweiht worden, die weithin große und positive Resonanz gefunden haben.
Lindenholz-Relief jetzt in der Kirche
Wie Pfarrer Matthias Paul sagt, habe sich an der Stelle am Nordportal jahrhundertelang ein Lindenholz-Relief von etwa 1520 befunden, das den Heiligen Georg im Kampf mit dem Lindwurm zeigt. Da das Holz allerdings im Laufe der Zeit unter den Witterungseinflüssen gelitten hat, ist das Relief mittlerweile in den Innenraum der Kirche umgesetzt worden. Man sei sich in der Kirchengemeinde schnell einig gewesen, für die „Fehlstelle“ am Portal ein modernes Kunstwerk in Auftrag zu geben. Umgesetzt wird das Projekt im Rahmen der laufenden Fassadensanierung auf der Nordseite.
Marc Fromm stammt aus Langen bei Frankfurt/Main (Hessen). Nach einer Schreiner-Lehre studierte er in Hamburg Illustrationsdesign sowie an der Staatlichen Berufsfachschule für Holzbildhauer in Bischofsheim/Rhön (Bayern). Von 1999 bis 2006 studierte er Bildhauerei an der Hochschule Burg Giebichenstein Halle. Er arbeitet freischaffend in Halle und Berlin und gibt Kurse an der Kunsthochschule.
Seine Werke sind regelmäßig in Galerien und Museen im In- und Ausland zu sehen. In diesem Jahr war er mit der Installation „Lampedusa - Good Luck!“ auf der Biennale in Venedig vertreten, einer der bedeutendsten Kunstausstellungen der Welt.
Paul erkundigte sich bei Andrea Zaumseil an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle nach möglichen Künstlern. Die Professorin für Bildhauerei schlug ihm mehrere vor - darunter Marc Fromm, dessen Arbeiten den Pfarrer sofort interessierten. Auch die ersten Entwürfe und Modelle, die der Künstler dann der Kirchengemeinde präsentierte, überzeugten.
Das Bild „Martin Luther als Treckejunge“ gehöre zu den ältesten Motiven im regionalen Luther-Gedenken, so Pfarrer Paul. Es stammt von Cyriakus Spangenberg (1528 bis 1604), der in den 1560er Jahren in einem Predigtzyklus die Biographie Luthers verarbeitet hat. Und Luther, der den Menschen das Wort Gottes zugänglich und verständlich macht, wird dabei zu einem symbolischen Treckejungen. „Luther birgt das Wort aus dem Berg Gottes“, so Paul. Denn als echter Treckejunge im Bergbau hat Luther natürlich nie gearbeitet.
Für den Künstler Marc Fromm ist die Arbeit für die Kirche „interessant und reizvoll“, aber auch eine „Herausforderung“ angesichts der 2.000-jährigen Bildsprache der christlichen Kirche. „Es macht auf jeden Fall Spaß, sich auf so ein Thema einzulassen“, so Fromm.
Plastik schwebt im Raum
In seinem Atelier in einer ehemaligen Fabrik hat der Bildhauer ein Modell des Portals in Originalgröße gebaut. „Das ist sehr wichtig, um eine räumliche Vorstellung zu bekommen.“ Die Figur des Treckejungen - „ein Kind darzustellen, ist nicht einfach“ - hat er zunächst in Ton modelliert, dann abgeformt und schließlich in Kunststein ausgeführt, einem sehr leichten, aber trotzdem sehr festen Werkstoff aus Stein und Kunststoff.
Besonderer Clou: Der kleine Luther wird im Raum schweben. Gehalten wird die Plastik, die auch farbig gestaltet sein wird, durch die metallische Schnur an ihrem Fußgelenk - so zogen die Treckejungen den Förderwagen durch den Schacht. Der Drachenschwanz in dem Hunt nimmt auf den Heiligen Georg Bezug. Und das Apfelbäumchen, das Fromm aus Edelstahl schneidet, steht natürlich für das berühmte Luther-Wort „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“. „Für mich ist das sein stärkster Spruch überhaupt“, sagt Fromm, „weil er eine Haltung zeigt.“
Seit Sommer vergangenen Jahres beschäftigt sich der Künstler mit dem Werk, nun liegt die Arbeit in den letzten Zügen. Voraussichtlich im August werde er gemeinsam mit einem Mitarbeiter die Skulptur an dem Kirchenportal installieren. „Das wird ein spannender Moment“, sagt Fromm. (mz)



