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Premiere in Wippra Premiere in Wippra: Ein Bockbier mit Bums

Von Anke Losack 11.05.2014, 19:56
Nadine Junger befüllt eine Flasche.
Nadine Junger befüllt eine Flasche. Jürgen Lukaschek Lizenz

Wippra/MZ - „Frauen an die Macht - macht Kaffee, Brötchen und sauber“ steht auf einem Schild am Eingang der Bierhalle in der Wippraer Museums- und Traditionsbrauerei geschrieben. „Macht Bier“ muss bald hinzugefügt werden, denn in Wippra erlernen Frauen die Kunst des Bierbrauens. Am Sonnabend war die Premiere des Hobby-Bier-Braukurses nur für Frauen. Die 13 Teilnehmerinnen aus Sachsen-Anhalt, Berlin und Thüringen wissen nun, wie es geht.

Männer waren am Sonnabend unerwünscht. „Ich habe alle Männer aus der Brauerei verbannt“, sagte Brauchefin Kerstin Engel-Gehring. Die Bierhalle glich einem Kochstudio: Auf einem Tisch standen Zutaten, auf anderen elektrische Kochplatten und Kochtöpfe. Doch bevor gekocht wurde, gab es etwas zum Kosten. Internationale Biere wurden gereicht: als erstes ein belgisches mit Kirschgeschmack. „Das ist genau das richtige Bier für mich“, rief Nadine Junger aus Sondershausen. Sie hatte bei der Vorstellungsrunde erklärt, dass sie aufgrund einer Krankheit seit 2010 kein Bier mehr getrunken habe und hoffe, eines für sich zu finden. Sie wurde fündig.

In der Statistik des Pro-Kopf-Verbrauches von Bier nimmt Deutschland Rang drei ein. Im Schnitt trinkt jeder Einwohner 106 Liter pro Jahr. Das mit Abstand meiste Bier wird in Tschechien getrunken. Mit im Schnitt 145 Liter pro Einwohner und Jahr kann ihnen in Europa niemand das Wasser reichen. Auf Rangzwei rangiert Österreich, wo 2012 im Schnitt 108 Liter pro Einwohner getrunken wurden.

Aus ganz unterschiedlichen Gründen nahmen die Frauen am Kurs teil. Kathrin Hartinger aus Bornstedt ist eine Biergenießerin, wie sie sagte. „Ich trinke gern ein Dunkles oder ein Hefeweizen, schön beim Lagerfeuer oder auf der Terrasse.“ Damit sie beim Kurs viele Sorten probieren könne, habe sie sich von ihrem Mann „kutschieren“ lassen, meinte sie weiter und lachte. Dass Elke Sparing aus der Gerbstedter Ortschaft Reidewitz gern Porter trinkt, ließ Brauchefin Engel-Gehring staunen. Marlies Breite aus Großleinungen hingegen ist eher eine Weintrinkerin, aber sie trinke gern das Wippraer Bier. Den Braukurs habe sie sich zum Muttertag geschenkt, sagte sie.

Thema „Gourmet-Biere“

Bis vor kurzem habe ihr Bier nicht geschmeckt, berichtete dann die Brauchefin. Erst vor etwa einem Jahr, nachdem sie mit ihrem Mann durch die Welt gereist ist, habe sie das Genussmittel für sich entdeckt. „Nun ist es an der Zeit, dass wir Frauen uns dem Thema stärker zuwenden“, meinte sie. Immerhin sei Bierbrauen einst Frauensache gewesen. Die Brauchefin versucht, das Thema „Gourmet-Biere“ in Sachsen-Anhalt einzuführen, und so wurde für die Frauen unter anderem Champagnerbier und Schokoladenbier gereicht.

Das Selbst-Brauen stand aber im Mittelpunkt. Ein Bier-Sud wurde innerhalb von gut fünf Stunden gekocht. Dafür hatte die Chefin eine Grundrezeptur gegeben. Basis-Malze mussten abgewogen und gekocht werden. „Sieht aus wie Erbsensuppe“, sagte Kathrin Hartinger, „der Geruch ist aber faszinierend. Ich könnte die ganze Zeit daran riechen.“ Während die „Suppe“ kochte, wurden Biere verkostet und deftig gegessen. Aus dem Treber, den ausgelaugten Rückständen des Malzes nach dem Kochen, bereiteten die Frauen etwas zu essen zu: Steaks wurden damit paniert sowie deftige Kekse mit Fleisch und Zuckerkekse gebraten. Die Braurückstände seien auch als Gesichtsmaske geeignet, meinte die Chefin und lachte. Sie spreche aus Erfahrung.

Premiere gelungen

Als der „Kochprozess“ in den letzten Zügen war, beugte sie sich über den Topf mit dunkler Brühe und wedelte sich den Geruch zu. „Oh“, meinte sie und schmunzelte, „das Bockbier wird einen Bums haben. Ich bin stolz, das sieht richtig gut aus.“ Die Premiere sei absolut gelungen, war ihr Resümee. In der zweiten Hälfte des Jahres will sie den nächsten Kurs für Frauen machen. „Ich kann mir vorstellen, den Kurs dann jeweils einmal im Monat anzubieten“, fügte sie an.

Ihr gebrautes Bier füllten die Frauen in Flaschen ab und konnten es mit nach Hause nehmen. Das Trinken muss noch warten, denn es muss noch fünf bis sechs Tage gären und zwei bis drei Wochen kalt gelagert werden.