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Papiertheater im Novalis-Schloss Papiertheater im Novalis-Schloss: Fernsehen wie in alter Zeit

Von Susann Salzmann 20.11.2016, 17:25
Die Hauptakteure: Ritter und Prinzessin
Die Hauptakteure: Ritter und Prinzessin Salzmann

Wiederstedt - Die Schöne und der Graf, Magelone und Peter von Provence: Es ist eine Liebesgeschichte voller Emotionen in 2D. Die Hauptakteure bewegen sich dabei nicht, vollführen auch keine Gesten und verziehen schon gar keine Gesichtsmiene. Die Hauptfiguren sind gerade einmal etwa 15 Zentimeter groß und bestehen aus Kartonage. Gezeigt wurde das Stück „Die schöne Magelone“ im Literarischen Salon im Novalis-Schloss Oberwiederstedt.

Diejenige, die wortwörtlich die Fäden oder - hier zutreffender - die Holzstäbe über die quadratische, ebenfalls zentimetergroße Bühne schiebt, steht abseits des Rampenlichtes und heißt Ulrike Richter. Im 18. Jahrhundert war ein solches Papiertheater das damalige „Fernsehen“ und Unterhaltungsprogramm gewesen. Gespielt wurde vor allem in Familiengesellschaften - oft verbunden mit anderen Künsten wie der Instrumentalmusik.

Lebendiges Papier

Die studierte Sängerin ist Erzählerin, Regisseurin, Beleuchterin und Gestalterin in einer Person. Papiertheater wirkt mit einfachen Mitteln. Die „Stars“ sind Zeichnungen, kolorierte Kupferstiche, die vorab in kreativer Sisyphusarbeit angefertigt worden sind. Obwohl die vermeintlichen Stars lediglich in Papierform existieren, wirkt das Stück lebendig.

Das zumindest empfindet das Vierergespann um Birgit Delling. Mit drei weiteren Freundinnen war sie von Bautzen ins Wiederstedter Novalis-Schloss gekommen. Auch, um sich „Die schöne Magelone“ vom Dichter Ludwig Tieck anzuschauen. Ein Liebesdrama, das wohl alle möglichen Stufen eines Liebes-Lebenslaufes enthält - ergänzt um musische Einlagen mit der Hakenharfe.

Sanftmütig klingen die Saiten der Harfe, untermalen den Gesang Ulrike Richters. Alle blicken gebannt - nur einer schlummert. Wer sich von dem Theater der still stehenden Figuren mitreißen lässt, entdeckt die Absurditäten der jungen Liebe. „Dass er seine große Liebe beim Schäfer nach zwei Jahren nicht wiedererkennt - das ist doch typisch Mann“, lacht Birgit Delling. Freundin Kerstin Brauer nickt eifrig dazu. „Und wer landet auf einer Insel und hat Gold in der Tasche?“, zeigt sich Brauer von der Geschichte begeistert.

Üben, üben, üben

Hauptsache, es gibt ein Happy End, finden die Frauen und versichern, dass es nicht ihre letzte Papiertheater-Veranstaltung gewesen ist. „Leider gibt es so etwas ganz, ganz selten“, bedauert die Bautzenerin Cathleen Köckritz. Ulrike Richter, Wahl-Leipzigerin, nickt bestätigend. Als Anhänger vom Puppentheater ließ sie sich 2008 durch ein Puppenspiel-Projekt vom Satz eines Theaterspielkollegen zum Ausprobieren verleiten. Papiertheater sei gar nicht so schwer, sagte dieser.

Die Realität sieht anders aus: Stücke werden ausgewählt, der Inhalt auf das Wesentliche reduziert, mit poetischen und Gesangseinlagen garniert, Figuren und Kulissen gemalt und schließlich „üben, üben, üben. Das alles dauert etwa anderthalb Jahre“, erzählt Richter. Die nächste Premiere stehe mit dem „Knabenmärchen“ kommenden April auf dem Plan. Und schon jetzt werden Ideen für eine Inszenierung in 2018 gesammelt. (mz)