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Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Opa war Spruncks Nachfolger

Von burkhard zemlin 27.08.2012, 17:01

hettstedt/MZ. - Die Pianofortefabrik Fr. Sprunck Hettstedt, die von 1837 bis 1922 bestand, ist ein Unternehmen, das auch viel mit Richard Weidenhagen zu tun hat. Denn dieser hatte nach Angaben von Stadtarchivar Ulrich Burwitz die Firma am 1. Januar 1904 übernommen und sie unter dem Namen "Spruncks Pianofabrik. Inh. Richard Weidenhagen" weitergeführt.

Christel Erhardt, eine Enkelin von Richard Weidenhagen, vermag nicht zu sagen, wie es danach mit diesem Unternehmen weiterging. Kein Wunder, denn die Hettstedterin war 1944, als ihr Großvater starb, gerade mal neun Jahre alt. Sie hat ihren Vorfahren dennoch als einen Mann in Erinnerung, der seinen Beruf liebte und im wahrsten Sinne des Wortes für seine Arbeit lebte "Der Opa hat bis zu seinem Tod Klaviere gebaut", sagt sie und bedauert, kein Foto von ihm zu besitzen. Als 77-Jähriger arbeitete Richard Weidenhagen noch in seiner Werkstatt in der Hohe Straße. "Das Haus steht heute noch, doch es verfällt", sagt die Enkelin, die sich daran erinnert, dass sich diese Werkstatt hinter dem Haus "im Berg" befand. Wie es dort heute aussieht, weiß sie nicht. "Ich bin seither nie wieder dort auf dem Hof gewesen", sagt sie.

Briefe aus Argentinien

Weidenhagens Piano-Fortefabrik hatte 1928 in Burgörner ihr 25-jähriges Bestehen gefeiert. Wie lange sie danach dort noch produzierte und wann der Großvater die Werkstatt in der Hohe Straße einrichtete, kann Christel Erhardt nicht sagen. Sie hat den Großvater, wie sie sagt, als einen "guten Kumpel" in Erinnerung, aufgeschlossen und volkstümlich. Richard Weidenhagen war Klavierbauer. Er hat fünf Jahre bei seinem Vater in der Sprunckfabrik gelernt und war zehn Jahre in Südamerika. Christel Erhardt hat noch Briefe ihres Großvaters aus Argentinien, in denen dieser seinem Bruder beispielsweise mitteilt, dass in Südamerika das Holz billig sei.

Geschrieben wurden sie lange vor Christel Erhardts Geburt, die diese Erinnerungsstücke ebenso hütet wie ein Klavier, das von einem Bruder ihres Großvaters stammt. Dieser war einst für die Leipziger Klavierbauer Zimmermann tätig, die mit den Hettstedtern offenbar Geschäftsbeziehungen unterhielten, wie Christel Erhardt vermutet. Das Zimmermann-Klavier ist aufwändiger gearbeitet als die Instrumente, die Richard Weidenhagen herstellte. Der Großvater verzichtete weitgehend auf aufwändige teure Schmuckelemente, seine Klavier sollten einfach und solide gearbeitet seit. "Da machen wir nicht viel Matz, hat er gesagt", erinnert sich die Enkelin.

Ob es heute noch Weidenhagen-Klaviere gibt? Christel Erhardt weiß es nicht. Der Kantor Paul Schmidt, bei dem sie einst drei oder vier Jahre Klavierunterricht hatte, besaß ihres Wissens ein solches Instrument. Es wäre denkbar, dass einer seiner Söhne das gute Stück übernommen hat.

In Fußstapfen der Eltern

Dann fällt Christel Erhardt ein, dass ihr Cousin in Parchim vor einiger Zeit ein Weidenhagen-Klavier im Internet ersteigert hat. Sie selbst spielt nur noch hin und wieder. "Es geht nicht mehr so gut", bedauert sie.

Beruflich ist sie einen anderen Weg gegangen als ihr Großvater und hat Verkäuferin gelernt: bei ihren Eltern im Schuhgeschäft in der Wilhelmstraße. Nach dem Studium der Ökonomie des Binnenhandels in Aschersleben war sie bei der Hettstedter HO Verkaufsstellenleiterin der Spowa und danach bis zur Wende Leiterin des Möbelhauses am Busbahnhof. Mit 55 Jahren ging sie in den Vorruhestand, eine Umstellung, die ihr nicht schwer gefallen ist. "Ich hatte einen kranken Mann zu Hause", begründet sie. Da habe sie gar nicht groß gemerkt, auf einmal nicht mehr jeden Tag unter Menschen zu sein.

Ob in ihrer Familie heute jemand im weitesten Sinne mit Musik zu tun hat? Christel Erhardt nennt ihren Enkel Jörn Rohrberg, der nach dem Besuch der Musikschule immer noch Schlagzeug spielt in einer Band. Der 26-jährige lebt in der Nähe von Leipzig und arbeitet in der Werbung. Die Oma ist sehr stolz auf den jungen Mann.