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Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Im Schacht immer mit Fortuna im Bunde

Von burkhard zemlin 17.08.2012, 17:47

augsdorf/MZ. - Friedrich Hoffmann, den seine Freunde daheim in Augsdorf einfach "Fritz" rufen, wäre Samstagnachmittag in Gerbstedt gern beim Traditionstreffen der Bergleute dabei. Gern hätte er den Kumpels ein herzliches "Glück auf" zugerufen, aber er weiß auch, dass daraus nichts wird, weil die Kraft leider nicht reicht.

Die Beine wollen nicht mehr, obwohl er sonst noch gut drauf ist. Immerhin ist er 98 und damit der älteste von denen, die einst im Mansfelder Bergbau gearbeitet haben. Vor vier Jahren, als die bergmännischen Traditionsvereine den 100. Jahrestag der Produktionsaufnahme des Brosowski-Schachtes begingen, war er noch als Ehrengast dabei und bekam zur Feier des Tages eine Flasche Schachtschnaps überreicht, die er aber noch nicht angerührt hat.

Ob er sich je daraus einen Schluck genehmigen wird? Wahrscheinlich nicht. Essen und Trinken schmecken zwar noch immer, aber den Schachtschnaps möchte er lieber in Ehren halten.

Früher war das anders. Da hat er mitunter doch einmal ein Schlückchen hinter dem Rücken des Steigers genommen - aus einer Brauseflasche, damit es nicht auffällt. Fritz Hoffmann muss lachen, wenn er daran denkt.

Wie lange das schon her ist? Er weiß es nicht. 1974 hat er seine letzte Schicht gefahren, das war in Niederröblingen auf dem Bernard-Koenen-Schacht, wo er 1969 nach Ende der Förderung des Brosowskischachtes mit vielen Kollegen eine neue Arbeit fand. Insgesamt 35 Jahre war er im Untertagebetrieb und hat dabei viel erlebt. Jederzeit würde er wieder Bergmann werden, sagt er, obwohl er zunächst Schneider gelernt hat. Aber danach ist er wie sein Vater in den Schacht gegangen, weil da der Lohn besser war. In Wippra hat er ein halbes Jahr Arbeitsdienst mitgemacht, wo sein Können als Schneider gefragt war. 1940 wurde er zur Wehrmacht eingezogen, in der Ukraine hat er mit dem Pferdewagen Munition gefahren. Allerdings nicht lange, er geriet früh in Gefangenschaft, was sicher ein Glück war. So erlebte er die längste Zeit des Krieges in einem Kohlebergwerk und überlebte. Kurz vor Silvester 1945 war er wieder zu Hause und lebte, wie er sagt, ein ganz normales Leben. Früh ging es zur Schicht, danach in den Garten oder auf den Acker, und das Tag für Tag, Jahr für Jahr. Drei Kinder hat er mit seiner Frau großgezogen und 1956 in Augsdorf ein Haus gekauft, in dem er heute noch wohnt.

In jungen Jahren war er im Männergesangverein "Germania" Augsdorf, er hat Handball gespielt und, wenn er es sich recht überlegt, hatter er immer Glück: mit seiner Frau Erna, seinen Kindern, Enkeln und Urenkeln. Auch im Schacht war er mit Fortuna im Bunde. In 35 Jahren kein größerer Unfall. Nur einmal erlebte er niedergehendes Gestein, dass schon vielen Bergleuten zum Verhängnis wurde. "Die Steine haben meine Hände getroffen", erinnert er sich.

Als 1958 der schwere Wassereinbruch den Brosowskischacht traf, hatte er zum Glück keine Schicht und kam erst später zum Einsatz. "Wir haben damals den Nachschub rangeschafft", sagt er.