Madlen Meister aus Sylda Madlen Meister aus Sylda: AOK streicht Pflegegeld für schwerbehindertes Mädchen

Sylda - Bianca Meister aus Sylda versteht die Welt nicht mehr: Ihrer Tochter Madlen, die an einer seltenen Erbkrankheit, dem Adams-Oliver-Syndrom, leidet, wurde die Pflegestufe 1 gestrichen.
AOK Sachsen-Anhalt streicht den schwerbehinderten Mädchen die Pflegstufe
Die Pflegekasse der AOK Sachsen-Anhalt hat ihrer 16 Jahre alten Tochter mitgeteilt, dass keine Pflegebedürftigkeit mehr bestünde. Die Kasse beruft sich dabei auf gesetzlich vorgeschriebene Richtlinien, nach denen ein bestimmter Hilfebedarf notwendig sei, der bei dem Mädchen nicht mehr vorliege. Eine Einschätzung von Gutachtern, die Madlens Mutter auf die Palme bringt. Sie hat Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse eingelegt und will notfalls vor Gericht ziehen, wie sie der MZ sagte.
Auslöser der für die Familie überraschenden Einstellung der Pflegeleistungen ist ein Antrag auf Pflegestufe 2, den Bianca Meister im Sommer gestellt hatte. Sie wollte etwa 70 Euro mehr Pflegegeld pro Monat haben. Das hängt auch mit dem Schulwechsel von Madlen zusammen. Früher wurde sie mit dem Taxi, das die AOK bezahlte, in die Körperbehindertenschule nach Halle gefahren. Jetzt geht sie in Aschersleben in eine Ganztagsschule. Die Fahrkosten bekommt Madlen Meister anteilig erstattet.
Madlen Meister ist aufgrund ihrer Behinderung auf eine Begleitung angewiesen
Ihre Mutter bringt und holt sie täglich ab, weil kein Bus von ihrem Wohnort dorthin fährt. Der Schulwechsel habe ihrer Tochter gut getan. „Sie fühlt sich dort wohl“, sagt Bianca Meister. Ihre Tochter sei auch selbstständiger geworden. „Doch ich kann sie noch nicht alleine losschicken“, so die 42-jährige Mutter.
Nach ihren Worten ist ihre Tochter auf Begleitung angewiesen. „Das steht auch auf ihrem Schwerbehindertenausweis“, ereifert sich Bianca Meister. Nicht nur körperlich sei ihre behinderte Tochter nach wie vor auf Hilfe angewiesen. „Auch geistig hat sie manchmal immer noch Aussetzer“, macht sie sich Sorgen.
AOK erkennt ihr im November die Pflegestufe ab
Bis heute plagt sich Madlen Meister mit Fehlbildungen am Kopf sowie an Händen und Füßen herum. Wegen der Erbkrankheit musste das Mädchen aus Sylda nach ihrer Geburt jahrelang einen Helm tragen, um den offenen Kopf zu schützen.
Vermutlich hängt ihre wenig erforschte Erbkrankheit mit genetischen Veränderungen bei den Chromosomen zusammen. In all den Jahren musste Madlen Meister zahlreiche Operationen erdulden. Die nächste an der linken Hand steht noch in diesem Jahr an.
Mitten in die Vorbereitungszeit platzte Ende Oktober die endgültige Nachricht von der AOK, dass ihr ab November die Pflegestufe aberkannt wurde. Sie bekommt also keinen erhofften Zuschlag, sondern erhält nun überhaupt kein Pflegegeld mehr.
Gutachten besagt: „Alltagskompetenz“ sei nicht erheblich eingeschränkt
Die Kasse hatte vorher den Medizinischen Dienst beauftragt, ein Gutachten zu erstellen. Der Gutachter schaute sich zu Hause bei Familie Meister in Sylda um und sprach auch mit Madlen. Er bescheinigte dem Mädchen, dass sie weiterhin Schmerzen in Händen und Füßen habe, wodurch sie Pausen einlegen müsse und Hilfe benötige. Sie versuche aber auch, ihrer Mutter im Haushalt zu helfen.
Dann traf der Gutachter einige Feststellungen, die Madlen und ihre Mutter aber nicht nachvollziehen können. So hieß es, dass das Mädchen die Therapiebesuche, die vor und nach der Schule in Aschersleben erfolgen, allein wahrnehmen könne. Auch eine zusätzliche Beaufsichtigungspflicht während der Fahrt sei nicht notwendig. Ihre „Alltagskompetenz“ sei nicht erheblich eingeschränkt.
AOK verwies auf Möglichkeit ab nächstem Jahr einen neuen Antrag zu stellen
Und in Bezug auf den Schulwechsel von Halle nach Aschersleben teilte eine Mitarbeiterin der AOK der Familie mit: „Durch den Wegfall der Fahrzeiten zu den Therapien besteht keine Pflegebedürftigkeit mehr.“ Sie empfahl die Therapien „wohnortnah durchzuführen“.
Das brachte die Mutter in Rage, die daraufhin Beschwerde einlegte. „Wo sollen wir denn in Sylda ihre Behandlungen durchführen lassen“, fragt sie und schüttelt fassungslos mit dem Kopf. Doch ihr Vorstoß brachte bisher nichts ein. Auch eine „unabhängige Gutachterin“ habe kein anderes Ergebnis feststellen können, teilte die Pflegekasse dem Mädchen mit. Und die AOK verwies darauf, dass ab nächstes Jahr neue Regelungen mit dann fünf Pflegegraden gelten würden. Dann könne Madlen Meister einen neuen Antrag stellen. (mz)