1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Hettstedt
  6. >
  7. Lehrermangel und Unterrichtsausfall an Schulen: Diskussion in Mansfeld

„Wir brauchen Lehrer. Punkt.“ Keine Lösung in Sicht: Akuter Lehrermangel bestimmt Podiumsdiskussion in Mansfeld

Mehr als 60 Elternvertreter waren zur Diskussion über den Lehrermangel in Mansfeld anwesend. Schnell wurde deutlich, wie prekär die Situation an den Schulen in Mansfeld-Südharz ist.

Von Beate Thomashausen Aktualisiert: 09.03.2023, 15:06
Egal ob Grundschule, Sekundarschule oder Gymnasium - überall fehlt es in Mansfeld-Südharz an Lehrern.
Egal ob Grundschule, Sekundarschule oder Gymnasium - überall fehlt es in Mansfeld-Südharz an Lehrern. (Foto: Bernd Weißbrod/dpa)

Mansfeld/MZ - „Wir sehen eure Probleme und wir stehen hinter euch!“ So ein klares und deutliches Statement in Richtung der Lehrer haben Elternvertreter eines Landkreises wohl noch nie abgegeben. Wohl aber jetzt am Dienstagabend in der Mensa der Sekundarschule Mansfeld, wo sich der Kreiselternrat zu einer turnusmäßigen Sitzung zusammenfand. Dazu hatte der Kreiselternratsvorsitzende Uwe Henze auch die Elternräte der Schulen und Landespolitiker eingeladen.

Akuter Lehrermangel: Unterrichtsausfall an Schulen in Manfeld Südharz

Mehr als 60 Elternvertreter waren trotz plötzlichen Wintereinbruchs der Einladung gefolgt. Thema dort in Mansfeld war der Lehrermangel, der, wie in der Diskussion deutlich wurde, an allen Schulen im Landkreis für teilweise massiven Unterrichtsausfall sorgt.

Lesen Sie auch: Dramatischer Lehrermangel: In dieser Grundschule fällt jede zweite Stunde aus

An der gastgebenden Sekundarschule in Mansfeld ist beispielsweise der Deutschunterricht seit Schuljahresbeginn massiv eingeschränkt. Die sechsten Klassen werden aktuell überhaupt nicht in diesem Kernfach unterrichtet. Und wie können da Elternvertreter helfen?

Debatte um Quereinsteiger im Schulbetrieb

Natürlich Druck auf die Politik ausüben, dranbleiben und auch Ideen entwickeln, ist die Antwort, die der Kreiselternratsvorsitzende darauf findet. Henze selbst stellte in seiner einführenden Rede die These auf, dass beispielsweise Seiteneinsteiger oder Quereinsteiger im Schulbetrieb nicht die Anerkennung genießen, wie es eigentlich erforderlich wäre.

Mancher Lehrer empfinde es nicht als fair, dass die Seiteneinsteiger nur eine sechsmonatige Ausbildung erfahren, sie aber jahrelang studieren mussten, um unterrichten zu dürfen, umriss Henze das Problem. Sie als „unterrichtsbegleitende Lehrkräfte“ einzustellen, die den Lehrern dabei helfen den Unterricht abzusichern, fände er sinnvoll.

Schülern fehlen Bezugspersonen

„Wir brauchen Lehrer. Punkt.“ Andreas Basedow, Elternvertreter an der Grundschule Röblingen ist da ganz klar in seiner Aussage.

Im Elternrat der Röblinger Grundschule macht man sich schon geraume Zeit Gedanken über die Unterrichtsversorgung der Grundschüler, adressierte einen Elternbrief an alle Gremien, die zur Unterstützung in Frage kommen, trat im Gemeinderat im Seegebiet Mansfelder Land und auch bei einer Kreistagssitzung auf, denn die Unterrichtsversorgung liege bei 68 Prozent.

Digitalisierung sei gut und schön, aber die Grundschüler brauchen eine Bezugsperson. „Eine Grundschule mit acht Klassen und nur vier Lehrern, das funktioniert einfach nicht“, sagte Basedow.

Lesen Sie auch: Bildung: Ministerin: Vier-Tage-Woche an Schulen nicht gewünscht

Lehrerberuf wenig attraktiv

Das sieht man auch an der Grundschule in Oberröblingen so. Eine Elternvertreterin kritisierte die große Klassenstärke. Bei 30 Kindern sei es kaum möglich, auf jedes Kind einzugehen. Und Streit auf dem Pausenhof schlichten, wenn zwei Lehrer die Kinder der ganzen Schule beaufsichtigen müssen, sei auch nicht drin.

Das mache den Lehrerberuf wenig attraktiv. Eine Elternvertreterin aus dem Sangerhäuser Scholl-Gymnasium fragte nach, wie denn überhaupt um Lehreramtsstudenten geworben werde. Auf der Hochschulmesse, die kürzlich am Scholl stattfand, habe sie solche gänzlich vermisst.

Ganz im Gegenteil erleben die meisten Schüler Tag für Tag Antiwerbung für den an sich schönen Beruf, wenn sie die Zustände an ihrer eigenen Schule erleben.

Mangel an Studenten

Dass man Lehrer einfach so an der Uni verpflichten könnte, damit sie im ländlichen Raum unterrichten, schließt Matthias Redlich aus. Er ist bildungspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Eine minimale Chance räumt er der Vergabe von Förderstipendien ein.

Fakt ist aber, dass aktuell von 1.200 Studienplätzen nur 900 vergeben wurden und es einfach an Lehramtsstudenten mangelt und viele das Studium auch abbrechen, weil es zu verwissenschaftlicht sei.

Ralf Popp, der stellvertretende Schulleiter der Sekundarschule Mansfeld, erinnerte an die Pädagogischen Hochschulen, die es früher gegeben habe und an die praxisorientierte Ausbildung dort.

„Über eine Duale Lehramtsausbildung für Grund- und Sekundarschulen mit mehr Praxisanteilen beraten wir gerade im Land“, konnte Redlich hier ergänzen, was mit Interesse aufgenommen wurde.

Lehrer beklagen Respektlosigkeit von Schülern und Eltern

Immer wieder von Elternvertreter zur Sprache gebracht wurde an diesem Abend der heutzutage mangelnde Respekt der Schüler vor den Lehrern im Allgemeinen. Was sich Lehrer da teilweise von Schülern gefallen lassen müssten, das gehe nach Ansicht einer Elternvertreterin aus der Sekundarschule Benndorf „auf keine Kuhhaut“.

Auch eine Elternvertreterin der Sangerhäuser Goethegrundschule berichtete von einem Einzelfall, in dem ein Schüler über Tisch und Bänke gehe und die Lehrer machtlos seien.

Die Elternvertreter äußerten großes Verständnis für die Lehrer, die dann teilweise resignieren, weil sie häufig sogar auch Angst haben müssen vor den Schülern und sie keine Handhabe besitzen, dagegen vorzugehen. Henze warf in die Debatte ein, dass es „Sache der Elternhäuser sei, den Kindern und Jugendlichen wieder Respekt und einen normalen Umgang mit ihren Mitmenschen und ganz besonders mit ihren Lehrern beizubringen“.

Wenn Eltern aber selbst daheim abfällig über Lehrer sprechen und jede Entscheidung anzweifeln, dann sei das eben kontraproduktiv. Dem pflichtete auch der CDU-Landtagsabgeordnete Detlef Gürth bei und ergänzte, dass es mittlerweile gang und gäbe sei, dass Lehrern mit dem Anwalt gedroht werde, was wiederum zu Absicherungsprozessen an den Schulen und jeder Menge Dokumentationen führe, die Zeit verschlinge und die Lehrer zusätzlich belaste.

Das hatte eine Elternvertreterin aus der Freien Sekundarschule Riestedt hinterfragt. Aus ihrer Sicht komme die eigentliche Arbeit dabei zu kurz.