Einkaufsverhalten im Mansfelder Land Käufer in Hettstedt und Eisleben sind zurückhaltender als früher
Erst Corona, jetzt Inflation und Energiekrise - wie sich die aktuelle Situation in den Geschäften im Mansfelder Land auswirkt.

Hettstedt/MZ - Einige vereinzelte Passanten sind auf dem Hettstedter Markt unterwegs. Karl Beyer beobachtet sie, während er an der Tür seines Ladengeschäftes lehnt. In der fünften Generation führt er das Geschäft, in dem man zunächst Nähmaschinen kaufen konnte. Jetzt blitzen schmucke Fahrräder im Verkaufsraum. Allerdings niemand kommt, um sie anzuschauen. Seit der „Ratskeller“ geschlossen sei, komme auch viel weniger Laufkundschaft. Die Ärzte sind nun die Zugpferde, deretwegen die Menschen aus den Dörfern in die Kupferstadt kommen.
„Kaufkraft ist nicht mehr da“
„Zuerst waren es die Geschäfte auf der grünen Wiese, die uns Innenstadthändlern das Leben schwer gemacht haben, dann der Internethandel.“ Beyer ist schon lange im Geschäft und hat viele Krisen mitgemacht und überstanden. Aber jetzt? Dass die Kunden anfangen, das Geld zurückzuhalten kann er aus dem Kaufverhalten jetzt nicht ablesen. Es hat sich ohnehin alles grundlegend gewandelt. „E-Bikes sind gefragt“, weiß er, aber die Wartezeit auf ein solches Rad beträgt aktuell ein Jahr. Und er merke, wenn der Erste des Monats sei, dann kommen mehr Kunden, kaufen Schläuche und andere Ersatzteile.

Nebenan im Reformladen reißt der Kundenstrom kaum ab. Nicht weil alle Hettstedter Bioprodukte kaufen wollen, sondern weil Michael Sagefka sein Standbein verlagert hat. Briefmarken, Pakete, Päckchen und Einschreiben gehen bei ihm über den Ladentisch. In den Regalen stehen noch ein paar Spezialgewürze, Produkte aus der Region, Backmischungen, Brottrunk und Co. Das, was man eben in einem Reformhaus erwarten würde. Vor zwei Jahren habe er das Geschäft übernommen, aber das Sterben der Bioläden geht nicht an der Kupferstadt vorbei. Leider. Aber Bio kann sich kaum einer noch leisten. „Die Kaufkraft ist einfach nicht mehr da.“ Sagefka ist froh darüber, dass er die Postkunden hat. Ohne sie gäbe es den kleinen Laden vermutlich nicht mehr.
Katrin Kämpfert aus Arnstedt wartet, dass sie ihren Brief bei Sagefka abgeben kann. Nur eine Marke braucht sie noch. Sie bestätigt die Beobachtungen des Einzelhändlers, dass die Kunden nur noch das Notwendige einkaufen. Luxus sei schon lange gestrichen. Kein Urlaub mehr. Nicht mehr Essen gehen. „Das können wir uns alles nicht mehr leisten“, sagt sie. Wie hoch ihre Energierechnung sein wird, weiß sie noch nicht. Sie wartet noch angespannt auf das Schreiben. Unterm Strich werde nach allen Abgaben wohl nicht mehr viel übrig bleiben, mutmaßt sie.

Buchhändlerin Silvia Geilert steckt gerade mitten in dem wichtigsten Geschäft des Jahres: dem Schulbuchverkauf. Deshalb seien ihre Beobachtungen gerade nicht repräsentativ, denn die Arbeitshefte müssen ja gekauft werden, damit die Kinder am Unterricht teilnehmen. „Die Schulbücher leihen die Eltern von den Schulen aus.“ Aber auch wenn es nur die Arbeitshefte seien, die noch zu bezahlen sind, so falle auch das manchem Kunden schwer. Seit es den kleinen Schreibwarenladen nicht mehr gebe, dessen Hauptgeschäft das Einschlagen der Schulbücher gewesen sei, biete sie auch das mit an. Deshalb sei ihr Laden in diesen Tagen immer gut gefüllt und ihr Ehemann greife ihr nachmittags auch unter die Arme, um den Ansturm zu bewältigen. Wie es aber danach wird, da wagt sie keine Prognose.
Auch Jörg Heide, der in Eisleben am Plan seit mehr als 30 Jahren ein Fachgeschäft für Glas, Keramik, hochwertige Haushaltswaren und Tee betreibt, blickt mit Sorge auf die zu erwartenden Preissteigerungen für Energie und die allgemeine Inflation. „Das Problem ist, dass noch keiner genau weiß, was kommt und wie viel Geld er zur Verfügung hat“, so der Geschäftsmann. „Das ist momentan schwer einzuschätzen.“ Aber die Kunden seien natürlich verunsichert. Bis jetzt habe sich das in seinem Geschäft glücklicherweise noch nicht niedergeschlagen. „Es läuft noch normal.“
Unterbrochene Lieferketten
Allerdings weiß Heide auch, dass viele Lieferanten und Importeure bereits „über höhere Einkaufspreise klagen“. Auch unterbrochene Lieferketten seien ein Problem. „Die Warenlieferungen verzögern sich aktuell zum Teil um Monate.“ Insgesamt befürchtet Heide, dass „noch harte Zeiten aus uns zukommen“. „Wir bleiben aber trotzdem erst einmal optimistisch und zuversichtlich.“
Diese Devise hat auch Babett Scheer, die ein Miederwarengeschäft am Eisleber Markt betreibt. „Wir müssen es so nehmen, wie es kommt“, so Scheer. „Erst Corona, jetzt die Energiekrise und die steigenden Preise - wir Einzelhändler leben ja quasi seit drei Jahren von der Hand in den Mund. Darin sind wir mittlerweile Profis.“ Sie habe immerhin ihre Nische gefunden und treue Stammkunden.
„Viele sind in letzter Zeit zur Kur gefahren und haben sich dafür noch etwas Neues gekauft. Das hat mich gerettet.“ Auch der Sommerschlussverkauf sei gut angenommen worden. Aber allgemein sei die Verunsicherung bei den Kundinnen schon spürbar. „Es läuft verhaltener als sonst“, so die Geschäftsfrau.