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Razzia Hettstedt: Scheinehen organisiert, um Flüchtlinge ins Land zu holen

Von Fabian Wagener 13.06.2018, 17:34
Die Bundespolizei durchsuchte auch ein Objekt in Leipzig.
Die Bundespolizei durchsuchte auch ein Objekt in Leipzig. Polizei

Hettstedt - Schon am Mittwochmittag wirkt alles wieder so, als wäre nichts passiert. Auf einem Rasenstück im Zentrum von Hettstedt (Mansfeld-Südharz) blühen rote Rosen, ein Fußgänger schlendert den Gehweg entlang. Ab und an fährt ein Auto vorbei. Ansonsten: beschauliche Ruhe.

Wenige Stunden zuvor war das ganz anders. Da rückten Einsatzkräfte der Polizei in der Straße an, mit mehreren Fahrzeugen, hielten sie vor einem Wohnhaus. „Es waren etliche Polizisten“, sagt eine Frau, die in der Nähe wohnt. „Sie sind ausgestiegen und dann rein.“ Auch Fotos hätten die Beamten gemacht. „Um kurz nach 9 Uhr waren dann alle wieder weg“, sagt sie.

Razzia wegen Organisation von Scheinehen: 27 Wohnungen durchsucht

Zum Zeitpunkt des Einsatzes wusste die Frau freilich noch nicht, was der Grund für die Aktion war. Und sie wusste nicht, dass diese eingebettet war in eine bundesweite Razzia, bei der die Bundespolizei 27 Wohnungen und Geschäftsräume durchsuchte, darunter Objekte in Hettstedt und Sandersdorf-Brehna (Landkreis Anhalt-Bitterfeld).

Hintergrund sind Ermittlungen gegen mehrere Personen, bei denen es um den Verdacht des banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern geht. So soll Menschen aus Indien und Pakistan durch Scheinehen ein Aufenthalt in Deutschland ermöglicht worden sein.

Wie Polizeisprecher Marcel Pretzsch der Mitteldeutschen Zeitung sagte, erstreckten sich die Durchsuchungen auf die Bundesländer Sachsen-Anhalt, Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen. In zahlreichen Städten fanden demnach Durchsuchungen statt, darunter auch das sächsische Eilenburg, Leipzig, Frankfurt (Main), Chemnitz, Stuttgart und Wuppertal.

Das Verfahren richtet sich gegen 34 Beschuldigte, wobei ein 25-jähriger pakistanischer Staatsbürger sowie zwei Inder im Alter von 40 und 47 Jahren als Hauptbeschuldigte gelten. Sie sollen Personen aus Indien und Pakistan gefälschte zypriotische Heiratsurkunden beschafft haben, die eine Ehe mit EU-Bürgern bestätigen, und ihnen so die Einreise und den Aufenthalt in Deutschland ermöglicht haben.

Außerdem sollen sie weitere Scheineheschließungen zwischen EU-Bürgern und Indern sowie Pakistanis in Dänemark organisiert und fingierte Vermieterbestätigungen und Arbeitsverträge eingesetzt haben.

Es seien zahlreiche Menschen nach Deutschland eingeschleust und so „hohe kriminelle Erträge“ erwirtschaftet worden, heißt es vonseiten der Polizei.

Pro Person, die nach Deutschland geschleust wurde, seien 15.000 Euro bis 22.000 Euro verlangt worden. Die Scheinehen sollen vor allem mit Frauen aus Osteuropa abgeschlossen worden sein. Diese sollen „nur auf dem Papier jemanden geheiratet haben“ und dann rasch wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sein, sagte Polizeisprecher Pretzsch.

Razzia gegen Scheinehen: 300 Polizisten im Einsatz

Um wie viel Fälle es insgesamt geht, konnte der Polizeisprecher nicht sagen. Man gehe aber „von zahlreichen Fällen“ aus, mindestens im zweistelligen Bereich. Bei den Durchsuchungen am Mittwoch waren bundesweit insgesamt rund 300 Beamte im Einsatz. „Es wurden umfangreiche Beweismittel wie Pässe und Heiratsurkunden gesichert“, sagte Polizeisprecher Pretzsch. Überdies seien bei der Polizeiaktion sechs Personen angetroffen worden, die sich illegal in Deutschland aufhalten. (mz)