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Wohnungen für Geringverdiener Wohnungen für Geringverdiener: HWG deckelt die Mieten auch nach Sanierung

Von Oliver Müller-Lorey 19.09.2019, 04:00
Wohnungsschlüssel liegen auf einem ausgefüllten Mietvertrag.
Wohnungsschlüssel liegen auf einem ausgefüllten Mietvertrag. dpa

Halle (Saale) - Die Wohnungssituation ist in Halle zwar nicht so angespannt, wie in Städten wie Berlin oder München. Selbst mitten in der Altstadt sind kleine Wohnungen schon für unter 250 Euro zu haben. Dennoch hat Halles größter Vermieter, die Hallesche Wohnungsgesellschaft (HWG), für einen Teil ihres Bestands nun freiwillig einen Mietpreisdeckel für Geringverdiener eingeführt.

In sieben Stadtteilen, in denen das Unternehmen besonders viele Immobilien besitzt, werden jeweils 20 Prozent mit dem Deckel versehen. Nach Angaben des Unternehmens soll damit Ängsten entgegengewirkt werden, in Halle könnte sich die Wohnungssituation ähnlich verschärfen wie in anderen Großstädten.

Höhe des Deckels bemisst sich am sogenannten KdU-Niveau

Die Höhe des Deckels bemisst sich am sogenannten KdU-Niveau. Das steht für „Kosten der Unterkunft“ und ist der Miet-Betrag, den das Jobcenter für Bedürftige zahlt. In den von dem neuen Deckel betroffenen Wohnungen sollen Mieter mit einem Einkommen auf Hartz IV-Niveau maximal diesen KdU-Betrag an Miete bezahlen.

Das bedeutet etwa für eine Single-Wohnung eine Kaltmiete von 319 Euro und für einen Vier-Personen-Haushalt 500 Euro. Liegt die Miete darüber, verzichtet die HWG auf den Differenzbetrag und der Mieter kann so darin wohnen bleiben.

Einkommen der Mieter darf nicht über dem Hartz IV-Satz liegen

Die freiwillige Selbstverpflichtung, die am Mittwoch von HWG-Geschäftsführer Jürgen Marx und dem Aufsichtsratsvorsitzenden, Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos), unterschrieben wurde, soll bewirken, dass Menschen mit kleinem Einkommen selbst dann in ihrer Wohnung bleiben dürfen, wenn sich in Folge einer Sanierung die Miete erhöht und das Amt diese nicht mehr zu zahlen bereit ist.

In vielen Städten führten Sanierungen dazu, dass Altmieter sich ihre Wohnungen in angesagten Vierteln nicht mehr leisten konnten und an den Stadtrand ziehen mussten. Die Begrenzung auf KdU-Niveau soll laut HWG aber nicht nur für Bestandskunden, sondern auch für Wohnungsinteressenten gelten. Maßgabe ist immer: das Einkommen der Mieter darf nicht über dem Hartz IV-Satz liegen. Das müssen sie der HWG auch regelmäßig beweisen, um in den Genuss der Vergünstigung zu kommen.

„Das Thema Mieten ist ein Dauerbrenner.“

„Das Thema Mieten ist ein Dauerbrenner. Wir wollen, dass es dauerhaft bezahlbaren Wohnraum auch in Stadtteilen wie der Altstadt gibt“, sagte Marx. „Wir wollen die soziale Durchmischung erhalten und unseren Mietern die Möglichkeit bieten, in ihren alten Beständen zu bleiben.“ Betroffene Stadtteile sind keineswegs nur Viertel mit ohnehin günstigen Wohnungen. Der Deckel wird in der Altstadt, der nördlichen und südlichen Innenstadt, Heide-Nord, der Silberhöhe, der Südstadt und Trotha eingeführt.

In der Praxis schließt die HWG mit allen Mietern, egal ob sie bedürftig sind oder nicht, denselben Mietvertrag für eine Wohnung ab. Wird die Miete im Falle des Geringverdieners jedoch auf das KdU-Niveau reduziert, taucht auf seiner Abrechnung ein „Bonus“ in Höhe der Differenz auf, den die HWG ihm erlässt. Das bedeutet, dass ein- und dieselbe Wohnung je nach Mieter unterschiedlich viel kosten kann. Mehr für Besserverdiener, weniger vor allem für Arbeitslose.

„Wir haben den Auftrag, für breite Schichten bezahlbaren Wohnraum zu bieten“

Marx habe dennoch keine Angst vor einer Neiddebatte, sagte er der MZ. „Wir haben den Auftrag, für breite Schichten bezahlbaren Wohnraum zu bieten“, sagte er. Die HWG habe eine soziale Verpflichtung. Außerdem reduziere die HWG die Miete auch nur um kleinere Beträge. Geringverdiener könnten sich nicht eine große Luxuswohnung aussuchen und dann erwarten, dass die HWG mit dem Preis um mehrere Hundert Euro auf das KdU-Niveau runtergeht.

So gebe es durch den freiwilligen Deckel auch keine Mehrkosten für das Unternehmen, sagte Marx. Schon jetzt liege in den benannten Vierteln ein Teil der Mietpreise auf dem KdU-Niveau.

Der vor einer Woche gegründete Mieterrat begrüßte den Schritt der HWG. „Wir sind bereit, die Selbstverpflichtung zusammen mit der HWG mit Leben zu erfüllen“, sagte der Vereinsvorsitzende Peter Scharz. Er freue sich, dass es bereits eine Woche nach Gründung des Mieterrates eine Reaktion eines Vermieters gebe und werde das Thema Mieten und KdU-Sätze im Auge behalten. (mz)