Wettin-Löbejün Wettin-Löbejün: Polizei ermittelt nach tödlichem Kletterunfall
Halle (Saale)/MZ. - Nachdem am Mittwoch ein Kletterer im Löbejüner Aktiensteinbruch tödlich verunglückt ist, ermittelt nun die Polizei. Am Donnerstag war die Unglücksstelle am Fels noch gesperrt. "Wir gehen weiter von einem Unfall aus. Es werden derzeit weitere Zeugen befragt", sagt Saalekreis-Polizeisprecher Jürgen Müller.
Am Mittwochabend war im stillgelegten Steinbruch mit seinen mehr als 35 Meter hohen Porphyr-Felswänden ein 53-jähriger Berliner beim Abseilen von einem Absatz, auf dem er stand, rund 15 Meter in die Tiefe gestürzt. Seine Lebensgefährtin musste den Unfall im "Kessel", der am Feiertag gut besucht war, miterleben. Den Sturz selbst hat aber laut Polizei keiner direkt beobachtet. Der Rettungshubschrauber flog den Schwerverletzten, der einen Helm getragen hatte, in ein Krankenhaus nach Halle. Um 21.20 Uhr teilte ein Arzt den Tod des Mannes mit.
Dies ist nicht die erste Tragödie im Löbejüner Steinbruch. Im Grunde ereignet sich dort einmal im Jahr ein schwerer Kletterunfall in der jüngeren Vergangenheit. Längst sind die Porphyr-Steinbrüche zum Sportplatz für Kletterer und Taucher aus ganz Mitteldeutschland und weit darüber hinaus geworden. Inzwischen klettern jährlich Tausende im Revier am Rande Löbejüns. Durch schlimme Unfälle und Tragödien ist das Kletter-Eldorado im Saalekreis immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Wie die Saalekreis-Verwaltung mitteilte, gebe es aber keine konkrete Unfallstatistik.
Klar ist aber: "Ein Restrisiko ist in unserer Sportart nicht auszuschließen", sagt Gerald Krug vom Verein IG Klettern Halle-Löbejün. Tatsächlich: 2007 hatte es im Aktienbruch einen tödlichen Unfall gegeben, 2008 verletzten sich ein 45-jähriger Leipziger und seine elfjährige Tochter schwer. 2009 stürzte erneut eine 29-jährige Kletterin in Löbejün ab. 2010 erlitt dort ein 33-jähriger Engländer ein Schädelbruch.
Die IG Klettern aus Halle betreut seit Mitte der 90er Jahre in Zusammenarbeit mit der halleschen Sektion des Alpenvereins das Kletterrevier. Inzwischen sind dort 160 Routen beschrieben - und mit Ringen zur Sicherung versehen. Der Grundsatz dabei lautet: Klettern auf eigene Gefahr. "Jeder ist für die eigene Sicherheit verantwortlich. Wir überprüfen jährlich etwa die Stabilität der in den Felswänden verankerten Ringe", sagt Krug. Der Hallenser hat einige der Routen in Löbejün selbst angelegt - und auch einen Kletterführer herausgegeben.
Das jüngste Unglück erschüttert ihn wie die gesamte Kletterszene. Und natürlich wird allgemeine Ursachenforschung betrieben. "Ganz offenbar war der Mann in dem Moment ja nicht gesichert. Obwohl auf dem Absatz, auf dem er stand, ein Ring im Fels angebracht ist", so Krug. Aber man könne derzeit ja nur spekulieren. "Wir haben auch überlegt, wie wir die Sicherheit erhöhen könnten. Aber uns ist da leider kein Rezept eingefallen."
Das riesige Steinbruch-Gelände ist Eigentum der SH Natursteine GmbH, die den Löbejüner Porphyr abbaut. "Wir haben vor mehr als zehn Jahren die erste Nutzungsvereinbarung mit dem Alpenverein und der IG Klettern unterschrieben. Wir können als Unternehmen keine sportliche Sicherung vornehmen", sagt Klaus-Dieter Riehm, kaufmännischer Leiter des Unternehmens. Man werde nach dem Unglück nochmals das Gespräch mit der IG Klettern suchen. Momentan denkt man aber offenbar nicht darüber nach, die beliebte Sportart zu verbieten. Von der Zusammenarbeit profitiert auch SH: Die Kletterer räumen auf und nutzen die Steinbrüche. Gleiches gilt auch für den Pächter der Tauchreviere.
Aus der Stadt Wettin-Löbejün wollte am Donnerstag auf Nachfrage der MZ niemand die Situation in den Steinbrüchen kommentieren. Die Stadt ist für die so genannte allgemeine Gefahrenabwehr und damit auch für Bergung von Verunglückten an Kletter- und Tauchrevier zuständig.