Infrastruktur Was bringt die neue A 143 bei Halle?
Politik und Verwaltung setzen große Hoffnungen in die neue Autobahn. Die erwarteten Auswirkungen auf den Verkehr sorgen allerdings für Kontroversen.

Halle (Saale)/MZ - Stück für Stück nimmt die Autobahn 143 westlich von Halle Gestalt an. Nach Angaben der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges), die für den Bau zuständig ist, konzentrieren sich die Arbeiten aktuell vor allem auf die Umverlegung der Landesstraße 159 und die Brücke an der künftigen Anschlussstelle Salzmünde.
Bis Mitte diesen Jahres sollen die Arbeiten dort abgeschlossen sein, dann wird mit der Baugrube für den Lärmschutztunnel nördlich von Salzmünde begonnen. Gleichzeitig wird östlich von Benkendorf an der 250 Meter langen Talbrücke gebaut und noch bis Ende 2023 laufen archäologische Grabungen.
440 Millionen Euro für 12 Kilometer Autobahn
Es ist eines der größten Infrastrukturprojekte im südlichen Sachsen-Anhalt seit dem Mauerfall, das zwischen den Anschlussstellen Neustadt und Trotha entsteht. Mehr als 440 Millionen Euro werden in den Bau von mehreren Brücken, einem Tunnel und insgesamt 12 Kilometern neue Fernstraße investiert.
Umweltschützer und Klimaaktivisten hatten wiederholt gegen den Bau protestiert und den Baustart jahrelang verhindert, unter anderem weil die Strecke mitten durch streng geschützte Naturräume führt. Die Planer mussten verschärfte Naturschutzvorgaben einarbeiten und der Lärmschutz für Anwohner wurde verbessert. 2019 folgte dann der erste Spatenstich.
Im halleschen Rathaus spricht man über das Projekt auch mit Blick auf eine wachsende wirtschaftliche Bedeutung Halles von einem „wichtigen Meilenstein“, im Magdeburger Verkehrsministerium ist die Rede von der „Vollendung der mitteldeutschen Schleife“.

Die Verantwortlichen erhoffen sich einiges von der Fertigstellung im Jahr 2025. Neben einer Alternativroute für die A 9 und die A 14 soll die neue A 143 vor allem für den Verkehr in der Stadt Halle eine Entlastung sein. Gleichzeitig sollen die westlichen Gebiete wie Dölau oder Lettin besser angebunden werden.
Weniger LKW-Verkehr in der Stadt dank der Autobahn?
Auch im Stadtrat gibt es große Erwartungen. „Wie erwarten eine Entlastung des Durchgangsverkehrs in der Stadt und vor allem endlich ein Ende des Chaos im Norden der Stadt bei Unfällen auf der A14. Das ist für die Anwohner derzeit eine Zumutung“, sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Andreas Scholtyssek auf MZ-Anfrage. „Die Staugeplagten in unserer Stadt warten seit langem auf die Fertigstellung der A 143“, sagt auch Andreas Wels, Fraktionsvorsitzender von Hauptsache Halle & Freie Wähler. Er hofft, dass vor allem weniger LKW durch Halle fahren und dass die Umweltbelastung sich verringert.
Ein LKW-Durchfahrverbot für das Stadtzentrum, das hinter den Kulissen immer mal wieder in den Raum geworfen wurde, sehen sowohl Wels als auch Scholtyssek allerdings kritisch. „Wer soll kontrollieren, ob der LKW ein Ziel in der Stadt anfährt oder nur durchfährt?“, sagt Scholtyssek.
Grüne und Linke sehen das anders. Verkehr werde durch die neue A 143 nicht verringert, sonden nur verlagert, sagt Anja Krimmling-Schoeffler (Die Linke). Falls die Alternativroute nicht angenommen wird, müsse man über Verbote nachdenken. „Wir brauchen auf jeden Fall ein LKW-Durchfahrverbot für Lettin und Dölau, vielleicht auch durch die ganze Stadt“, sagt Melanie Ranft, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Sie erwartet vor allem für die westlichen Stadtteile das Gegenteil einer Entlastung. „Jede neue Straße führt zu mehr Verkehr. Wer von Westen nach Halle will, der fährt dann künftig durch Dölau und Lettin.“ Die Folge könnten weitere Forderungen nach Umgehungsstraßen oder Brücken sein, die die Grünen sehr kritisch sehen.
Unklare Datenlage
Tatsächlich gibt es bisher nur wenig konkrete Zahlen zur aktuellen und zu der zu erwartenden Verkehrsmenge. Auf die Frage, wie viele Fahrzeuge durchschnittlich durch die Stadt fahren, verweist das Rathaus auf das Verkehrsministerium des Landes, weil in der Stadt dazu keine aktuellen Daten vorliegen würden. Das Ministerium antwortet auf MZ-Nachfrage, dass eigentlich die Stadt für derartige Zahlen zuständig sei und man selber auch nicht über Daten verfüge. Laut einer Untersuchung aus dem Jahr 2012 prognostiziert das Ministerium für den neuen Abschnitt der A 143 zwischen 43.500 und 47.000 Fahrzeuge pro Tag. Auf dem Abschnitt zwischen A 38 und Neustadt waren 2012 zwischen 40.500 und 55.000 Fahrzeuge unterwegs. Zum Vergleich: Auch über die Hochstraße fahren täglich mehr als 40.000 Autos.