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War die Burg mal keltisch?

Von HELEN HAHMANN 07.04.2009, 19:30

HALLE/MZ. - Montagabend verdeutlichte der Humanmediziner und Anthropologe Horst Claassen in den Franckeschen Stiftungen, auf welche Weise die Untersuchung von Grabhügeln bei der Klärung des Ursprungs der frühesten halleschen Siedlungen helfen können. Der Vortrag setzte die Diskussion fort, ob "Halle" ein keltischer Name ist oder nicht - auf welche Bedeutung er also zurückgeht.

Claassen lehrt als außerordentlicher Professor am Institut für Anatomie und Zellbiologie der hiesigen Universität. In den 70er Jahren nahm er an Lehrgrabungen im oberbayerischen Altmühltal teil und untersuchte Skelettfunde aus hallstattzeitlichen Grabhügelfeldern. Der Vortrag im Rahmen der Veranstaltungsreihe des Vereins für Hallesche Stadtgeschichte drehte sich im Kern um die Frage, ob und in welchem Maße die Kelten Einfluss auf die Saalestadt hatten. Diese Überlegungen tragen zu genaueren Hinweisen auf den Ursprung des Namens "Halle" bei.

Bisher gibt es keine zweifelsfreien Beweise für keltische Einflüsse in der Region. Trotzdem wird der Stadtname auf das keltische Wort "hale" zurückgeführt, das so viel wie Salz bedeutet. Andererseits argumentiert der Leipziger Namensforscher Jürgen Udolf, dass "Halle" auf einen indogermanischen Wortstamm zurückgeht, der so viel wie "Schräge" bedeutet (MZ berichtete). Eines der Argumente für diese These ist ein zweiter Ort mit dem Namen Halle in Westfalen. Dort gab es mit Sicherheit weder Kelten noch Salzabbau.

Claassen lenkt den Blick für seine Argumentation zurück in vorchristliche Zeiten - auf die Hallstattzeit oder vorkeltische Zeit. Vor allem in Oberbayern bis nach Österreich findet man heute hallstattliche Grabhügel, die Keramiken, Schmuck, Waffen und Skelette bergen. Die Hügel sind meist mit Bäumen bewachsen, wurden ursprünglich von einem Steinkreis umgeben und trugen auf ihrer Spitze eine Steinstele. Beim Vergleich der ihm bekannten vorkeltischen Grabhügel Oberbayerns mit einer ähnlichen Stätte bei Bernburg, dem Pfingstberg, sieht Claassen Ähnlichkeiten: "Der Grabhügel in Bernburg ist bislang unberührt und müsste untersucht werden." Dadurch könne man herausfinden, ob es sich beim Pfingstberg vielleicht tatsächlich um eine vorkeltische Grabstätte handelt. Sollte dem so sein, wäre dies ein weiteres Indiz für die Verbreitung der Kelten in unserer Gegend. In Thüringen wurden schon mehrere Burgen der keltischen Zeit zugeordnet.

Daher stellt Claassen die Frage, ob es sich bei der Burg Giebichenstein etwa auch um eine ursprünglich keltische Festung handeln könnte. Claassens Vortrag erstreckte sich des Weiteren auf die Bestimmung von Alter und Geschlecht von Skelettfunden, auf die Konservierung eines Schädels in einem "Schuhkarton mit einem Loch im Deckel" und den "mitteleuropäischen Kurzkopfgürtel", auf dem auch die nordbayerischen Halbstattzeitschädel liegen. Das klingt skurril. Doch weisen die Skelette der Kelten gewisse einzigartige Merkmale auf. Ein Vergleich mit Skelettfunden aus der Gegend um Halle könnte weitere Hinweise ans Licht bringen. Claassen resümiert: "Es spricht einiges dafür, dass der hallstattzeitliche Einfluss bis nach Halle gereicht hat." Als weiteres Argumente zieht er keltische Keramikfunde auf dem halleschen Marktplatz heran.

Claassen gestaltete einen sowohl spannenden als auch kurzweiligen Einblick in die Zusammenhänge von anatomischen Untersuchungen und ihren Wert für die Geschichtsforschung. Er lieferte damit einen weiteren Baustein im Diskurs über die keltischen Wurzeln Halles.