Unruhe beim Konzern Unruhe beim Konzern: So steht es um den Kaufhof in Halle

Halle (Saale) - In Halle herrscht Unruhe, seit Anfang April wieder einmal Schreckensnachrichten über die finanzielle Situation des Kaufhof-Konzerns die Runde machten. Galeria Kaufhof ist mit seinen beiden Warenhäusern auf dem Markt der wichtigste Handelsanbieter der Innenstadt, wirtschaftliche Probleme, die auf das Geschäft durchschlagen, hätten ungeahnte Konsequenzen.
„Natürlich nehmen auch unsere Mitarbeiter solche Meldungen mit Sorge auf. Ich kann aber allen versichern, dass es keine strukturellen Auswirkungen für den Standort Halle gibt und wir unsere Position durch zahlreiche Aktionen und auch Investitionen vielmehr stärken wollen“, sagt Filialleiter Robert Weber der MZ. 170 Angestellte hat die Galeria in Halle. Im Schnitt werden die beiden Warenhäuser, 1994 und 2004 eingeweiht, täglich von 4.000 Kunden frequentiert, erklärt der Manager.
Konzept von Kaufhof mit Online-Strategie
Während in der Konzernzentrale Kaufhof-Chef Roland Neuwald am Sanierungskonzept schraubt, das vor allem auch Lohnzugeständnisse der bundesweit 18.000 Mitarbeiter vorsieht, über die mit der Gewerkschaft ver.di verhandelt werden soll, arbeitet auch der Standort Halle an einem Transformationsprogramm, das der Konzern gestartet hat. Neben Kostenoptimierungen sollen Umsatz und Ertrag gesteigert werden, lautet die Konzernlinie. Nicht einfach angesichts der Konkurrenz durch den Online-Handel. Möglichst nah am Kunden, heißt deshalb die Devise.
„Deshalb verzahnen wir mit Blick auf das Online-Geschäft das Beste aus beiden Welten“, sagt Weber, der im Dezember 2016 die Leitung der Filiale übernommen hatte. Die Digital-Strategie ist existenziell wichtig. In jeder Abteilung liegen Tablet-PC bereit. Ist ein Produkt nicht verfügbar, weil es beispielsweise für das Sortiment in Halle nicht gelistet ist, kann es sofort bestellt werden. „Der Kunde entscheidet, ob er es nach Hause oder in die Filiale geliefert haben will. Und gefällt der Artikel nicht, nehmen wir ihn kostenlos zurück“, erzählt Weber. Außerdem können Kunden selbst im Netz stöbern und prüfen lassen, ob Artikel in Halle vorrätig sind. Diese Ware kann online zwei Tage reserviert werden.
Galeria Kaufhof in Halle: Abholstation mit Umkleidekabine
Im Kellergeschoss hat Galeria Kaufhof eine Abholstation mit Umkleidekabine eingerichtet und transferiert damit den Online-Handel in die reale Welt. Ist der gewünschte Artikel da, bekommen Kunden eine Mail beispielsweise auf ihr Smartphone. Eine Woche liegen die Artikel dann bereit. „Das Angebot wird sehr gut angenommen“, sagt Weber.
Der Kaufhof-Konzern will Optimismus vermitteln. „Galeria Kaufhof ist solide finanziert und hat die uneingeschränkte Unterstützung der Konzernmutter HBC“, heißt es in einer Stellungnahme an die MZ. Zuvor hatte Kaufhof-Chef Roland Neuwald den „Nürnberger Nachrichten“ ein Interview gegeben. „Die Situation ist schwierig. Wir brauchen kurzfristig eine spürbare Entlastung der der Kostenseite. Dazu verhandeln wir unter anderem mit unseren Lieferanten und Vermietern über Zugeständnisse“, sagt er der Zeitung. Man sei aber besonders darauf angewiesen, wettbewerbsfähige Personalkosten zu bekommen. Noch verfüge man über ausreichend Liquidität. „Aber wenn wir den aktuellen Entwicklungen, etwa den Umsatzeinbußen durch den wachsenden Online-Wettbewerb und den seit Jahren stetig steigenden Personalkosten, nicht entgegenwirken, führt das zwangsläufig dazu, dass die Luft irgendwann so dünn wird, dass es brenzlig wird“, so Neuwald in dem Interview. Man sei aber früh genug dran, um die Trendwende zu schaffen.
16.000 Quadratmeter Verkaufsfläche nutzt Kaufhof in seinen beiden Häusern auf dem Markt - inklusive der vermieteten Flächen. Weber weiß natürlich, dass die Attraktivität des Standorts mit attraktiven Marken steht und fällt. Neu ist „Halluber“, den gibt es bislang in der Region nur in Leipzig. Auch die Modeketten „Frank Walder“ und „Un, Deux, Trois“ sind jetzt im Kaufhof zu finden.
Im Juni kommt „Smashbox“ hinzu, das mit Pflege- und Schönheitsprodukten vor allem bei der Jugend hoch im Kurs steht. „Wir sind froh, dass sich die Marken für uns entschieden haben. Das würden sie nicht tun, wenn sie Halle nicht interessant finden“, sagt Weber. Kaufhof selbst investiert auch kräftig und baut die Abteilungen um - moderner und lichtdurchfluteter soll es in den Häusern zugehen.
Kaufhof in Halle: Suche nach Großmieter für Obergeschoss läuft
Noch keinen neuen Nutzer hat Kaufhof hingegen für die beiden obersten Etage im Hauptgebäude gefunden. Seitdem Saturn hier ausgezogen ist, stehen 4.000 Quadratmeter leer. „Es gibt immer wieder Interessenten, die anfragen. Allerdings muss ein Anbieter auch zu unserem Konzept passen“, sagt Weber. Deshalb denkt Kaufhof auch über alternative Nutzungsvarianten nach. So soll es noch in diesem Jahr dort eine Ausstellung geben.
„Wir sind außerdem für jede Idee dankbar“, meint der Filial-Chef. Kaufhof verstehe sich als ein Teil von Halle, die Entwicklung der Stadt ist dem Konzern wichtig. Und Weber glaubt auch einen Trend erkannt zu haben, dass Innenstädte für Einkaufsbummel wieder beliebter werden - auch in Halle, das mit Leipzig und dem Nova Eventis vor der Tür allerdings eine starke Konkurrenz hat. „Es geht um den Erlebnisfaktor. Wer heute erfolgreich sein will, muss mehr bieten als nur das nackte Produkt“, sagt Weber. Kaufhof reagiere darauf mit Themenwochen oder Thementagen, beispielsweise zur Einschulung. Über kostenfreies W-lan muss keiner diskutieren. Sichtbar sind zudem eine Vielzahl von Investitionen. Und gemeinsam mit Mathias Nobel vom Heidebad sollen auch weitere After-Work-Partys im Kaufhof folgen. Die dritte Auflage ist für den Herbst geplant. (mz)
