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Überreste unter der Erde Überreste unter der Erde: Das Geheimnis von Halles vergessener Saalebrücke

Von Maximilian Mühlens 21.10.2018, 10:01
So sah die Siebenbogenbrücke in den 1970er-Jahren aus: Der Saalearm unter der Brücke wurde umgeleitet.
So sah die Siebenbogenbrücke in den 1970er-Jahren aus: Der Saalearm unter der Brücke wurde umgeleitet. Paul Rettig

Halle (Saale) - Auf der Elisabethbrücke an der Mansfelder Straße herrscht reger Betrieb. Fahrradfahrer und zahlreiche Fußgänger nutzen das Bauwerk, um die Saale zu überqueren. Autos fahren nicht über die Brücke, dafür aber zahlreiche Straßenbahnen. Unterhalb der Brücke fließt gemächlich die Saale entlang. Was die Verkehrsteilnehmer nicht wissen: Sie befinden sich an einer historisch wichtigen Stelle.

In unmittelbarer Nähe befindet sich - zugeschüttet mit Erde - eine der ehemals wichtigsten Brücken der Saalestadt: Die Siebenbogenbrücke. Diese befand sich kurz hinter der Elisabethbrücke auf Neustädter Seite.

Alte Siebenbogenbrücke liegt noch heute unter der Erde

Rüdiger Dahmke gehört zu dem kleinen Personenkreis, der sich sehr gut an die Brücke erinnern kann. „Heutzutage weiß kaum noch ein Hallenser, dass es diese Brücke mal gab und vor allem, dass sie sich in großen Teilen noch unter der Erde befindet“, erklärt der 74-Jährige. Auch der hallesche Autor und Hobby-Historiker Dieter Kudlek bestätigt: „Kaum einer weiß, dass es diese Brücke einmal gab. Der Mensch vergisst schnell“, so Kudlek.

Die Siebenbogenbrücke wurde 1847 als Quadermauerwerk mit Hilfe von großen und massiven quaderförmigen Steinen erbaut. Verwendet wurde rötlicher Nebraer Sandstein, wie aus alten Akten, die im halleschen Stadtarchiv zu finden sind, hervorgeht.

Siebenbogenbrücke war einst wichtige Verkehrsader

Vier Pfeiler mit einer Breite von 2,20 Meter und 10,70 Meter Länge sowie zwei Gruppenpfeiler mit einer Breite von 4,40 Meter und einer Länge von 12,90 Meter haben die schwere Brücke einst getragen. Sie führte über einen Seitenarm der Saale. Zur damaligen Zeit verfügte die Saale über viele solcher Arme.

Von 1926 bis 1927 wurde die Brücke sogar erweitert und mit einer Straßenbeleuchtung ausgestattet, weil die Verbindung für den Nah- und Fernverkehr außerordentlich wichtig war.

Die Brücke verband Halle mit dem Mansfelder Land. Im Zweiten Weltkrieg wurden Teile der Brücke von der Wehrmacht gesprengt - nach Kriegsende aber wieder repariert.

Warum die Siebenbogenbrücke ihre Bedeutung verlor

Nach Angaben von Dieter Kudlek wurde die Saale in den Jahren 1972/1973 umgeleitet. „Man wollte die Fließgeschwindigkeit der Saale erhöhen, weil es in dem Bereich sehr gestunken hat“, so Kudlek. Damit wurde der Brücke ihre eigentliche Funktion - nämlich über das Wasser zu führen - genommen.

In den 1970er-Jahren wurde zudem an der „Endlösung des Knotens 37“ gearbeitet. Gemeint war damit eine Großbaumaßnahme einer Straßenbahn-, Radfahrer- und Fußgängertrasse - die letztendlich zur heutigen Verkehrsführung am Rennbahnkreuz führte.

In Zuge dessen wurde die alte Elisabethbrücke abgebrochen und wieder aufgebaut. Die Siebenbogenbrücke sollte abgerissen werden, da sie ihre Funktion verloren hatte - auch weil der Autoverkehr über die gerade gebaute Hochstraße (1968 bis 1971) geführt werden konnte. Spätestens 1976 sollte sie nicht mehr zum Stadtbild gehören und an ihrer Stelle eine „Dammschüttung“ entstehen.

Die Baustelle wurde kurzerhand nachts zugeschüttet

Doch es kam anders. Die Siebenbogenbrücke wurde nur teilweise abgerissen. Zeitzeuge Rüdiger Dahmke hat damals beim Straßen- und Tiefbaukombinat gearbeitet und half dabei die Brücke „verschwinden zu lassen“. „Zwei bis drei Bögen wurden vollständig abgerissen“, erzählt Rüdiger Dahmke, „die restlichen Bögen wurden von oben eingerissen, so dass sie zu Boden fielen“.

Die Pfeiler blieben stehen. Die Baustelle wurde dann kurzerhand einfach zugeschüttet. Wann genau das war, weiß Dahmke nicht mehr. „Ich habe früher die Wege freigehalten, so dass die Lastwagen den Aushub zur Brücke bringen konnten“, erinnert sich der Senior.

Verfüllt wurde die Baustelle mit Aushub von den Hochhaus-Baustellen in Halle-Neustadt. „Wir haben auch nachts gearbeitet, das Zuschütten war schnell erledigt “, so der 74-Jährige. Warum die Brücke nicht komplett abgerissen wurde, kann er sich nicht erklären.

Höchstwahrscheinlich waren es aber Kostengründe. Heute ragt unterhalb der Elisabethbrücke - auf Neustädter Seite - noch ein kleines Stück der Siebenbogenbrücke aus dem Erdreich hervor. (mz)

Die ehemalige Treppenanlage.
Die ehemalige Treppenanlage.
Dieter Kudlek
Verkehr auf der Brücke.
Verkehr auf der Brücke.
Dieter Kudlek
Zeitzeuge Rüdiger Dahmke an der Elisabethbrücke.
Zeitzeuge Rüdiger Dahmke an der Elisabethbrücke.
Maximilian Mühlens