Tödlicher Unfall auf Weihnachtsmarkt Tödlicher Unfall auf Weihnachtsmarkt: Stadt Halle denkt über Konsequenzen nach

halle (saale)/MZ - Bei dem auf Weihnachtsmarkt in Halle am Donnerstagabend bei einem Straßenbahnunfall ums Leben gekommenen Fußgänger handelt es sich um einen 30 Jahre alten Mann aus der Saalestadt. Das haben die Ermittlungen der Polizei zur Identität des Opfers ergeben, wie Sprecher René Richter am Freitag mitteilte. Dazu, wie und unter welchen Umständen es zu der Tragödie gekommen ist, machte er aber noch keine Angaben. „Die Ermittlungen dauern an.“ Auch die Unfallexperten der Dekra seien weiter in die Untersuchungen eingebunden.
Unklar ist deshalb weiter, ob der 30-Jährige tatsächlich, wie von einigen Augenzeugen berichtet wurde, über eine Kupplung zwischen zwei Straßenbahnwagen hindurch abkürzen wollte. Andere Beobachter des Unglücks schilderten am Freitag gegenüber der MZ, dass der Hallenser stürzte, kopfüber zwischen die beiden Waggons geriet und zwischen der Bordsteinkante und der Straßenbahn mit dem Oberkörper eingeklemmt wurde. Die Bahn sei noch wenige Meter weitergerollt und erst dann zum Stehen gekommen.
Der erste Unfall dieses Ausmaßes
Der Unfall am Donnerstag ist der erste dieses Ausmaßes auf dem halleschen Markt. Zumindest der Polizei sind Fälle, bei denen dort Fußgänger von Straßenbahnen erfasst und tödlich verletzt wurden, nicht bekannt. „Wir sehen auch keine generellen Sicherheitsprobleme in diesem Zusammenhang.“ Das gelte auch bei Großveranstaltungen wie dem Weihnachtsmarkt.
Entlang der Gleistrasse der Neustädter Magistrale gibt es 15 Fußgänger-Übergänge, acht davon sind mit Ampeln ausgestattet. Trotz der Ampellösung gab es auf dieser Strecke bisher fast 50 Unfälle zwischen Passanten und Straßenbahnen. In vielen Fällen sind die Opfer bei Rot übers Gleis gelaufen.
Im Januar 2001 wurde an der Haltestelle Zentrum eine 53-Jährige von einer Bahn erfasst und starb an der Unglücksstelle. Sie war das erste Todesopfer auf dieser Linie.
Im September 2007 starb ein elfjähriges Mädchen an einem Übergang in Höhe des Intercity-Hotels. Ein Holzkreuz erinnert heute dort an das Kind und soll zur Vorsicht mahnen. An der gleichen Stelle verlor auch ein 57-Jähriger im März 2009 sein Leben, als er von einer Straßenbahn erfasst wurde. In beiden Fällen wollten die Unfallopfer bei Rot die Gleise überqueren.
Hingegen kam im Juli 2009 eine 53-Jährige nur wenig entfernt an einem der ungesicherten Übergänge ums Leben, als sie eine nahende Tram nicht beachtet hatte. Die Haltestelle Schwimmhalle war im Januar 2011 Schauplatz eines tödlichen Unfalls. Ein 16-Jähriger war bei Rot auf die Gleise getreten.
Ein spektakulärer Fall ereignete sich im Januar 2005, als eine damals 28-Jährige zwischen Straßenbahn, Bordstein und Gleis eingeklemmt und lebensgefährlich verletzt wurde. Wie durch ein Wunder trug sie keine bleibenden Schäden davon.
Zwischenfälle mit Straßenbahnen auf dem Markt sind selten und werden von der Polizei im einstelligen Bereich registriert. Meist gibt es auch keine Verletzten. Beinahe-Unfälle werden nicht registriert, zu kritischen Situationen kommt es aber täglich mehrfach. Nach dem Unfall wurden deshalb Forderungen laut, den Straßenbahnverkehr während der Zeit des Weihnachtsmarktes zumindest im Bereich der Unfallstelle vom Donnerstag komplett einzustellen.
Über Konsequenzen wird noch gesprochen
Zwar gibt es in Ausnahmefällen Fahrverbote für Bahnen auf dem Markt - etwa bei Fernsehaufzeichnungen wie zur Sendung „Wetten, dass..?“, um störende Geräusche zu vermeiden. Von einem generellen Fahrverbot bei Großveranstaltungen auf dem Markt hält man allerdings sowohl bei der Havag als auch im Rathaus nichts. „Der Unfall auf dem Marktplatz wird analysiert und ausgewertet und auch in den regelmäßigen Schulungen mit den Fahrern besprochen. Der Marktplatz ist ein verkehrsberuhigter Geschäftsbereich, wie auch die Große Ulrichstraße und die Strecke zwischen Franckeplatz und Markt“, sagte Havag-Sprecherin Antje Prochnow. Deshalb gelte am Markt grundsätzlich eine Grenze von 20 Kilometer pro Stunde. „Unsere Fahrer sind außerdem dafür sensibilisiert, gerade im Innenstadtbereich auf das hohe Aufkommen an Fußgängern zu achten.“
Auch die für den Weihnachtsmarkt zuständige Beigeordnete Judith Marquardt hat der Unfall erschüttert. „Mein Mitgefühl gilt den Angehörigen, aber natürlich auch dem Straßenbahnfahrer.“ Ob und wenn ja, welche Konsequenzen daraus gezogen werden, will Marquardt mit der Havag besprechen, auch über das Sicherheitskonzept. Einfach zur Tagesordnung nach so einem schrecklichen Unfall zurückzukehren, das sei nicht möglich.