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Thomas Henninger Thomas Henninger: Ein Suchbild neben Dalí und Escher

Von Johannes Killyen 28.08.2003, 16:54

Halle/MZ. - In Thomas Henningers monumentalem Ölbild "Wiegenlied 2" treten diese zwei Seiten deutlich hervor: Sein bis zur Abstraktion verfremdeter Dschungel, infernal in Rot-Schwarz getaucht, verbirgt gleich sieben Umrisse ein und desselben Mädchens. Der Mensch wird hier nicht, wie etwa beim Romantiker Caspar David Friedrich, zum stummen Zeugen der Allmacht der Natur. Er ist vielmehr Teil von ihr.

In dieser Lebensgemeinschaft behütet der Wald - und er verschlingt. "Was ich selbst darüber denke", sagt Henninger, der an der "Burg" Malerei studiert, "ist nebensächlich. Wichtiger ist ein hinreichender Spielraum für Deutungen."

Der Student hat sich und sein Bild weit gebracht, im doppelten Sinne. Denn "Wiegenlied 2" hing bis vor einiger Zeit im "museum kunst palast" Düsseldorf und war dort, in der Ausstellung "Das endlose Rätsel - Magier der Mehrdeutigkeit", von höchster Prominenz umgeben: Salvador Dalí, M.C.Escher, Man Ray. Die Eintrittskarte zur opulenten Schau hat Thomas Henninger vor zwei Jahren beim Bundeswettbewerb der deutschen Kunsthochschulen in Bonn gelöst.

Dort wurde "Wiegenlied 2" zwar nicht prämiiert, doch entdeckt und empfohlen. Der gebürtige Badener und gelernte Steinbildhauer wurde nach dem Wettbewerb zudem ins elitäre Förderprogramm der Studienstiftung des Deutschen Volkes aufgenommen. Henninger ist ein Experimentator, einer, der Andeutungen liebt und das Spiel mit Bildern, Worten und Medien. Ursprung von "Wiegenlied 2" ist ein Videofilm, der im Jahr 2000 mit dem zweiten Kunstförderpreis der halleschen Stadtwerke ausgezeichnet wurde: Ein Mädchen wird hier, allein auf dem Riebeckplatz, umrundet von einer Kamera.

Enger werden die Kreise, bedrohlich, behütend zugleich. Wie einen Colt richtet das Mädchen ihren Finger auf eine Leuchtreklame hoch über dem Platz. "Hoffentlich Allianz versichert", blinkt es da. Ein Schuss aus dem Finger, noch einer, das Licht verlischt und ein Wort bleibt: Hoffentlich.

Dass er dieses Mädchen in "Wiegenlied 2" - Ergebnis einer Eingebung - ausgerechnet in einem Wald verbirgt, das hat Thomas Henninger einiges über sich selbst verraten: "Irgendwann", sagt der Schwarzwälder, "stößt man auf seine Wurzeln, muss sich seiner Vergangenheit stellen und seinen Prägungen."

An die Stelle einer krampfhaften Suche nach dem eigenen Stil und auch nach den Vorbildern tritt bei Henninger die Selbstbetrachtung, die Analyse des unbewusst Hervorgebrachten. "Freilich kommt es darauf an", überlegt er, "die Fantasie gut zu planen."