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Teure Rekonstruktion Teure Rekonstruktion: Kehren die Türme auf den Hauptbahnhof zurück?

Von Dirk Skrzypczak 28.09.2018, 05:00
Die Ansicht von 1895 zeigt die Pracht der Nordfassade des Hauptbahnhofs. Und sie beweist, wie wichtig die Ecktürme für die Gestaltung waren.
Die Ansicht von 1895 zeigt die Pracht der Nordfassade des Hauptbahnhofs. Und sie beweist, wie wichtig die Ecktürme für die Gestaltung waren. ahw-Studie

Halle (Saale) - Zur Dokumentation für den Neubau des Hauptbahnhofs in Halle, 1895 erstellt, gehört auch eine Zeichnung des Gebäudes. Und die Nordansicht, das Hauptportal, zeigt eine Fassade, die auch einem Schloss zur Ehre gereichen würde. Und sie verdeutlicht eindrucksvoll, wie wichtig die beiden Ecktürme für die Gestaltung der Hauptfront waren. Sie rahmen die große Hauptkuppel ein.

Es gab sogar vier Ecktürme, nämlich auch zwei auf dem südlichen Bahnhofsdach. Und wie in einer Studie der „ahw Ingenieure GmbH“ von 2002 zu lesen ist, wurden die Türme 1955 bei Umbaumaßnahmen des Hauptbahnhofs abgerissen. Die Untersuchung hatte der Kulturkreis „neues Theater“ seinerzeit in Auftrag gegeben.

Auftrag vom Kulturkreis: „Uns liegt das historische Bild des Hauptbahnhofs am Herzen“

Einer der Akteure im Kulturkreis ist Wulf Brandstädter, von 1983 bis 1990 Stadtarchitekt in Halle. „Uns liegt das historische Bild des Hauptbahnhofs am Herzen“, sagt er. Und wenn er etwas in seiner langen beruflichen Karriere als Stadtplaner gelernt hat, dann das: „Je besser man vorbereitet ist, desto größer sind die Chancen auf Erfolg.“ Diplom-Ingenieur Kai Lukowsky aus dem halleschen ahw-Büro hatte vor 16 Jahren die Untersuchungen geleitet.

Seine Aufgabe: Er sollte ermitteln, ob es machbar wäre, die Ecktürme zu rekonstruieren. Er stellte fest, dass sich ein Teil des etwa 1,5 Meter hohen Sandsteinsockels, auf dem die Kuppeln befestigt waren, vielleicht noch vor Ort befindet. „Beim Abriss wurden die Steine wahrscheinlich nur in die Türme geworfen“, schreibt er in seiner Expertise. Und er glaubt, dass es sich bei den Turmdächern wohl um eine Stahlkonstruktion gehandelt hatte, da im gesamten Bahnhof hauptsächlich Stahl verbaut wurde. 3,8 Meter betrug der Außendurchmesser der Türme. Die Sandsteine, mit denen die Aufbauten gemauert wurden, waren etwa 40 Zentimeter dick. Und er kommt letztlich zu dem Urteil, dass aus statischen Gründen die Rekonstruktion möglich wäre.

Das wird Befürworter wie Harald Voigt freuen. Der ehemalige Baufachmann der Bahn will sich dafür einsetzen, dass der Hauptbahnhof zumindest auf der Nordseite am Genscher-Platz seine Türme zurückbekommt (die MZ berichtete). Auch MZ-Leser Klaus Rebsch stimmt zu. „Die Attraktivität würde durch die Türme erheblich erhöht. Zur Finanzierung schlage ich die Gründung einer Bürgerinitiative vor, die Spenden sammeln und Sponsoren gewinnen könnte.“

Hauptbahnhof Halle: Rekonstruktion nur eines Turmes zwischen 120.000 und 150.00 Euro

Ingenieur Lukowsky macht in seinem Gutachten tatsächlich auch Aussagen zu möglichen Kosten. „Ich gebe aber zu bedenken, dass die Berechnungen von 2002 sind“, sagt er heute. Vor 16 Jahren hätte die Rekonstruktion nur eines Turmes zwischen 120.000 und 150.00 Euro gekostet. Dieser Preis dürfte heute bei weitem nicht mehr reichen. Auf alten Plänen sei außerdem zu sehen, dass die Sockel der Türme verziert waren. „Bei einer fachgerechten Rekonstruktion müsste man sie wieder herstellen“, erklärt er.

Möglicherweise könnten aus den Turmüberresten aber noch Steine geborgen werden, die dann als Vorlage dienen würden. Die Kuppeldächer müssten eine Blecheindeckung bekommen. Wulf Brandstädter sieht nur eine realistische Chance: „Wir müssen so viele Partner wie möglich ins Boot holen. Auch die Stadt und die Bahn. Dann kann es klappen.“ (mz)

Für die Studie kletterten die Ingenieure natürlich auch aufs Dach.
Für die Studie kletterten die Ingenieure natürlich auch aufs Dach.
ahw-Studie