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Tennis Tennis: Daniel Ferls Welttournee ohne Glamour

Von Stefan Thomé 09.06.2015, 21:21
Landesmeister Daniel Ferl
Landesmeister Daniel Ferl Brandt Lizenz

Halle (saale) - Die Schlaghand schmerzte noch. Doch trotz des Bruchs, den er sich vor vier Wochen zugezogen hatte, kämpfte sich Daniel Ferl am Wochenende durch. Der 18-jährige Landsberger gewann bei den Tennis-Landesmeisterschaften auf dem Sandanger den Titel und wurde seiner Favoritenrolle gerecht.

Es passte, dass der wichtigste Titel Sachsen-Anhalts parallel vergeben wurde zum zweiten Grand-Slam-Pokal in Paris. Für Ferl ist der regionale Sieg fraglos ein Erfolgserlebnis, doch seine Reisen um die Welt sind bisher eher Ochsentour als Glamour-Welt: In Singapur hat er schon gespielt, in Hongkong, Macao, Togo, Namibia, USA, Kroatien, Portugal, Dänemark und Montenegro. Eine kleine Auswahl. 20 Länder und Reisekosten von rund 30 000 Euro sind allein 2014 zusammengekommen.

Kürzlich absolvierte Ferl ein Trainingslager in Spanien mit Sergio Corretja, dem Bruder und Coach des ehemaligen Weltranglistenzweiten Alex Corretja. Dieser spielte in seiner Karriere von 1991 bis 2006 fast 10,5 Millionen Dollar an Preisgeldern ein.

Und Ferl? „Hier und da mal 100 Euro“, sagt er. Doch es gehe nicht ums Geld, sondern um Ranking-Punkte. „Die sind die Türöffner für ATP-Turniere.“ Und er will Erfahrungen sammeln. Etwa bei Trainingsspielen gegen Konkurrenten. „Wenn ich bei einem Turnier ausgeschieden bin oder die Qualifikation verpasst habe, habe ich die restliche Zeit als Sparringspartner auf dem Platz verbracht.“

Seine Leidenschaft teilen seine Eltern mit ihm. Ohne deren Unterstützung wäre das alles undenkbar. Mutter Saria und Vater Frank Ferl, Inhaber einer Firma für Graffiti-Entfernung, sind keine Erziehungsberechtigten der Sorte überehrgeizig, die ihren Sohn zu den Turnieren prügeln. Der Ehrgeiz des Juniors ist auch so da. Bewusst ist allen drei aber auch: Der Teenager wird wohl kaum ein zweiter Boris Becker oder Michael Stich.

Wozu dann der ganze Aufwand? „Vor allem, weil wir positiv verrückt sind. Tennisverrückt“, sagt Frank Ferl. 2011 kaufte das Unternehmerpaar die Freizeitanlage im Landsberger Stadtteil Spickendorf, brachte die Immobilie auf Vordermann, gründeten den 1. Mitteldeutschen Racket- und Ballsportclub (MRB). „Wir wollen etwas für unseren Sport im Land machen und hier mittelfristig eine Tennis-Basis für Talente aus der Region schaffen“, erläutert Frank Ferl.

Und da soll Sohn Daniel eine Rolle zukommen. Mit einer College-Ausbildung zum Sportmanager könnte er im Familienbetrieb einsteigen. Schon jetzt ist er im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres beim MRB auf der Anlage beschäftigt, kümmert sich unter anderem um den Nachwuchs.

Im Sommer geht er für vier Jahre in die USA. „Ich habe mich um einen Collegeplatz beworben“, sagt Daniel Ferl. Auch das kostete ordentlich Geld: 2 500 Euro haben die Ferls allein in die Bewerbung investiert. Nach gelungener Aufnahmeprüfung lagen vier Angebote mit einem Stipendium vor. Daniel entschied sich für Cameron bei Oklahoma City.

Eltern und Sohn versprechen sich eine sportliche Weiterentwicklung durch das intensive Training und die College-Meisterschaften. Wenn alles gut läuft, könnte Daniel 2016 tatsächlich die ersten Weltranglisten-Punkte holen. (mz)