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Straßenbahn in Halle Straßenbahn in Halle: Seit 125 Jahren unter Strom

Von Michael Falgowski 19.02.2016, 07:15
Zwischen diesen beiden Straßenbahnen liegen praktisch 125 Jahre.
Zwischen diesen beiden Straßenbahnen liegen praktisch 125 Jahre. S. Götze/Hallesche Straßenbahnfreunde

Halle (Saale) - Reden, Blasmusik, Funkenschlag in der Oberleitung und Abfahrt: Vor 125 Jahren ist wahrscheinlich am Riebeckplatz die erste Straßenbahn auf Europas erstem elektrifizierten Streckennetz losgefahren. Die mit Blumengirlanden geschmückte Bahn war die gleiche wie der „Triebwagen 4“, der heute im historischen Straßenbahndepot in der Seebener Straße steht und die älteste betriebsfähige Straßenbahn überhaupt in Europa ist. Nicht in Berlin also, in Paris oder London stand der öffentliche Nahverkehr zum ersten Mal komplett unter Strom, sondern im Jahr 1891 in Halle an der Saale.

Na gut, den Strom erfunden haben die Hallenser auch nicht - in Berlin wurde bereits 1881 die erste elektrifizierte Straßenbahnstrecke der Welt eröffnet. „Doch ein elektrisch betriebenes Netz gab es bis dahin nicht“, sagt Halles Stadtarchivar Ralf Jacob. Das Netz habe damals aus den beiden Linien Bahnhof - Trotha sowie Roßplatz - Schmiedstraße im Süden bestanden.

Seit 125 Jahre steht also Halles Nahverkehr unter Strom. Das erste Netz Europas war anfangs 4,2 Kilometer lang. Heute sind es etwa 90. Das Jubiläum wird von der Halleschen Verkehrs AG (Havag) mit insgesamt fünf verschiedenen Veranstaltungen gefeiert. Der Höhepunkt dürfte ein Fahrzeug-Korso sein. Nach 1982, 1991 und zuletzt 2007 fahren am 17. April wieder alte Straßenbahnen im Konvoi durch Halle, wie Havag-Vorstand Vinzenz Schwarz sagt. Das Stadtwerke-Unternehmen und der Verein der Straßenbahnfreunde betreuen eine der am besten sortierten Straßenbahn-Flotten Deutschlands.

Auftakt im Jubiläumsjahr

Den Auftakt im Jubiläumsjahr bildet aber eine Ausstellung mit rund 100 großformatigen Straßenbahn-Fotos aus dem Stadtarchiv. Gestern wurde die Schau in der DB-Lounge des Hauptbahnhofs eröffnet. Auf einem der Fotos ist die Zeitenwende festgehalten: In der Seebener Straße wartet eine Pferde-Straßenbahn. Am Haus neben dem Zugpferd ist aber bereits eine Vorrichtung für die spätere Montage der Oberleitung zu erkennen. „Eine Zeit lang fuhren beide Systeme ja noch nebeneinander“, so Stadtarchivar Ralf Jacob.

Seine Ausstellung ist eine „Fahrt“ durch die Stadtgeschichte. Etwa in die 1920er Jahre, als es in der Über-Land-Bahn nach Schkopau eine Holzklasse und eine „gepolsterte“ Klasse gab. Das waren übrigens die 3. und 2. Klassen - eine erste blieb nur der Reichsbahn vorbehalten. Bei den etwas älteren Hallensern dürften auch einige Exponate Erinnerungen wecken. Die „Zahlkasse“ etwa, die 1963 in den Straßenbahnen montiert wurde. An dieser Art „einarmiger Bandit“ konnte sich der Fahrgast seinen Fahrschein, praktisch auch ohne zu bezahlen, selber abreißen - es war eine Kasse des Vertrauens. 1981 wurden die 1.100 grünen Metallkästen durch die sogenannten „Knallentwerter“ ersetzt. (mz)