Straßenbahn in Halle Straßenbahn in Halle: Als die Bahn noch auf Wunsch stoppte

Halle (Saale) - Wer kann sich noch daran erinnern, dass die Straßenbahn durch die enge Leipziger Straße gefahren ist? Und zwar zweigleisig! Bis August 1967 war das der Fall. Kaum mehr nachzuvollziehen ist auch, dass die Linie 8 vom Mühlweg kommend durch die Friedrichstraße, heute August-Bebel-Straße, in den Hansering und zum Leipziger Turm quietschte. Erst 1948 begann der Abbau dieser Schienen.
Tradition mit Zukunft
Und ganz sicher kann niemand mehr davon berichten, dass es in den ersten Jahren der halleschen Straßenbahn nur quasi gewohnheitsmäßige Haltepunkte gab. Man zog einfach an einer Leine im Wagen, die das typische schnarrende „Läuten“ hervorrief, das den Fahrer informierte und das mancher vielleicht noch aus alten UFA-Filmen kennt. Erst ab 1903 gab es in Halle feste Straßenbahnhaltestellen. Um das zu wissen, braucht es inzwischen Archivwissen, wie es beispielsweise Halles Stadtarchivar Ralf Jacob schon berufsmäßig haben muss.
Nach der Veröffentlichung zu 125 Jahren Hauptbahnhof Halle ist Jacob nun auch Autor und Bildgestalter des kleinformatigen Bildbands „125 Jahre elektrisiert durch Halle. Tradition mit Zukunft“. Kaum zu glauben, aber so erstaunlich alt ist das hallesche elektrische Straßenbahnnetz tatsächlich. „Als 1891 die erste elektrische Bahn der AEG Stadtbahn Halle fuhr, war das eine Neuerung, war es doch die erste deutsche Straßenbahn, mit Fahrdraht und Rollenstromabnehmer, die für den kommerziellen Betrieb errichtet und auf einem Liniennetz betrieben wurde“, sagt Jacob.
Das beachtliche Jubiläum in diesem Jahr ist der städtischen Halleschen Verkehrs AG die Herausgabe des Bildbands wert, der im Verlag Janos Stekovics erschienen ist (24,80 Euro). Halles neues Tram-Buch betrachtet die Unternehmensgeschichte der halleschen Straßenbahn bis heute und dokumentiert auch die Fahrzeugflotte. Die älteste Abbildung eines elektrisch betriebene Straßenbahnwagens in Halle zeigt einen 1891 in Köln hergestellten Triebwagen Nummer 1 am Riebeckplatz.
Viertelstündig nach Merseburg
Anhand der Bilder lässt sich die Unternehmensgeschichte nachvollziehen. So ist etwa ein Fahrschein aus den 1920er Jahre zu sehen, in dem bereits die Verbindung zwischen Heide und Kröllwitz eingezeichnet ist - diese Lücke wurde aber erst im Jahr 2007 geschlossen.
Und in den 1920er Jahren gab es in der Überlandbahn nach Schkopau eine Holzklasse und eine „gepolsterte“ Klasse. Das waren übrigens die 3. und 2. Klassen - die 1. Klasse blieb der Reichsbahn vorbehalten. Auf einem Fahrplan von 1902 ist auch zu erkennen, dass die Tram damals viertelstündig nach Merseburg fuhr. (mz)


