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«Stolpersteine» erneut verlegt

Von Heidi Pohle 25.10.2004, 17:04

Halle/MZ. - Dann wurden Mutter und Kinder - der Vater war schon nach Argentinien emigriert, um dort die Ausreise seiner Familie vorzubereiten - von der Polizei abgeholt und deportiert. Ab 1940 gibt es keine Nachrichten mehr von ihnen.

Nun wird an das Schicksal der Wenzymers im Dritten Reich wieder erinnert - mit vier Gedenksteinen des Kölner Bildhauers Gunter Demnig. Es ist schon das zweite Mal, dass diese "Stolpersteine" auf dem unteren Boulevard verlegt werden. Im Mai waren sie, kaum im Boden, herausgerissen worden; die Täter sind bis heute unbekannt.

Diese ungeheuerliche Tat jedoch hatte viele Hallenser so empört, dass sie damals nicht nur Ersatzsteine organisierten, Rosen niederlegten und Kerzen an jener Stelle anzündeten. Das Konto des Vereins Zeit-Geschichte(n), der das Projekt betreut, wuchs beständig. "Die Hallenser lassen es sich nicht gefallen, wenn so etwas passiert", sagte Oberbürgermeisterin Ingrid Häußler (SPD) am Montag. Die Steine seien Mahnung und Zeichen zugleich.

Nach den Worten von Heidi Bohley vom Verein konnten von dem Geld zehn neue Steine verlegt werden. Seit Montag gehört das Haus in der Rannischen Straße 3 dazu. "Dort lebten meine beiden Onkel und meine Tante", erzählte Felix Alexander sichtlich bewegt. Der 81-Jährige war vor zwei Jahren aus Hessen wieder in die hallesche Gegend gezogen. Es sei schön, dass an seine Verwandten - Rudolf, Harry und Ruth Alexander - auf diese Weise gedacht werde. Alle drei kamen um - in Buchenwald, Auschwitz und Sachsenhausen. Auch Felix Alexander war im Konzentrationslager, drei Jahre lang in Moringen / Harz.

Die Steine, die zum Teil heute verlegt werden, zum Beispiel in der Feuerbachstraße 75 und in der August-Bebel-Straße 34, sind nicht die letzten. "Im Juni nächsten Jahres kommen noch einmal 50 Stück hinzu", so Heidi Bohley, die glücklich über die vielen Spenden der Hallenser ist.

Gunter Demnig hat mittlerweile über 4 000 Steine in Deutschland verlegt und jede Menge Aufträge, so dass Halle erst wieder im Juni an der Reihe ist. Stolpern kann man über die Steine nicht tatsächlich. Aber nachdenklich werden über das Schicksal Deportierter, die einst in Halle wohnten.