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Stadtteil Planena Stadtteil Planena: Ein Stadtteil bietet Natur pur

Von Silvio Kison 07.06.2017, 06:00
Der Saaleradweg geht genau durch den Ort, wo viele Reisende wie Thomas und Marion Hauck kurz Rast machen.
Der Saaleradweg geht genau durch den Ort, wo viele Reisende wie Thomas und Marion Hauck kurz Rast machen. Günter Bauer

Halle (Saale) - Um nach Planena zu kommen, muss man erst Halle verlassen. An einer unscheinbaren Ausfahrt in Richtung Merseburg führt die offizielle Straße in den Ort, die passenderweise den Namen „Planenaer Landstraße“ trägt. Kurz hinter dem Eingangsschild führt die Dorfstraße ringförmige in die Dorfmitte, wo die Straße in einer Sackgasse endet. Genau hier wohnt seit drei Jahren der Holzschnitzer Clemens Reichstein mit seiner Frau und den beiden Kindern auf einen alten Bauernhof.

Der Ort ist der südlichste Stadtteil. Bereits zwischen 600 und 900 begannen die Wenden an dieser Stelle zu siedeln.  Erstmals urkundlich erwähnt wurde Planena allerdings erst im Jahr 1184.

„Wir fühlen uns hier sehr wohl“, sagt Clemens Reichstein. Gefunden hat die Familie ihr kleines Fleckchen Glück auf einem Internetportal. Kurz nach dem Hochwasser im Jahr 2013 hat die Familie, die bisher dort gelebt hat, ihr Haus zum Verkauf angeboten. Bis dahin war die Familie noch nie in Planena gewesen. „Uns war natürlich vor dem Kauf klar, dass das hier Hochwassergebiet ist“, sagt Ligeia Reichstein.

In Mitten der Saale-Elster-Aue gelegen

Ein Grund, das Haus nicht zu kaufen, war das allerdings nicht. Bereits bei der ersten Besichtigung war klar: „Was soll es sonst sein, wenn nicht das Haus“, sagt die 34-jährige Psychologin, die jeden Tag zu ihrer Arbeitsstelle nach Halle pendelt. Sofort hatte sich die gesamte Familie in Haus und Ort verliebt.

In Mitten der Saale-Elster-Aue gelegen, gibt es Natur pur. Direkt durch die Ortschaft führt der Saaleradweg vorbei an Wiesen, Feldern und den beiden Flüssen Saale und Elster. Diese Idylle ist die Heimat von 36 Einwohnern. Bis vor drei Jahren gab es hier keine Kinder: Mit dem Einzug der Familie Reichstein hat sich das geändert. Der achtjährige Kolja und sein drei Jahre älterer Bruder Joschua haben wieder Kinderlachen nach Planena gebracht.

Planena - „Mir gefällt es hier sehr gut“

„Mir gefällt es hier sehr gut“, sagt Joschua. Einzig seine Freunde vermisst er manchmal: „Früher bin ich einfach ins Nachbarhaus gegangen, wenn ich mit meinen Freunden spielen wollte“, sagt er. So einfach geht das jetzt nicht mehr. Dafür erleben die Kinder hier aber eine ganz andere Kindheit als andere Hallenser in ihrem Alter. „Ich wünsche mir manchmal, das ich unter diesen Bedingungen noch einmal Kind sein könnte“, sagt Clemens Reichstein.

Was er damit meint ist die Nähe seiner Kinder zur Natur. „Die Kinder sind immer draußen, lassen selbst gebaute Holzboote ins Wasser oder bauen sich auf der Wiese gegenüber Buden“, sagt Mutter Ligeia. Und auch die Freunde kommen oft zu Besuch. Denn genug Platz hat die Familie nun, die ihre Drei-Raum-Wohnung im Giebichenstein-Viertel gegen ein Leben auf 3.000 Quadratmeter getauscht hat.

Nicht nur ihr privates Glück hat die Familie in Planena gefunden

Aber nicht nur ihr privates Glück hat die Familie hier gefunden, sondern auch eine Dorfgemeinschaft, die zusammenhält. „Diese Anonymität aus der Stadt gibt es hier nicht“, sagt Clemens Reichstein. Die Familie wurde sofort gut aufgenommen. „Kurz nach dem Einzug haben wir auf der Wiese vor unserem Haus geheiratet“, erinnert sich Ligeia Reichstein. Alle Nachbarn haben gratuliert und sind am Abend zum Feiern auf den Hof der Familie gekommen. „Es ist einfach ein sehr cooler Ort“, sagt sie.

Planena ist ein Stadtteil mit einer langen Geschichte. Im Jahr 1184 wurde das als sogenannter „Slawischer Rundgang“ angelegte Dorf erstmals urkundlich erwähnt. Das alte Planena ist von armen Sorben gegründet wurden, die sich zwischen Wald und Sumpf vor allem vom Fischfang ernährt haben. Danach gehörte Planena lange zum Besitz der Theologischen Fakultät in Halle.

1920 wurde Planena nach Ammendorf eingemeindet

Im Jahr 1680 kam der Ort mit dem Saalkreis zum Herzogtum Magdeburg unter brandenburg-preußischer Herrschaft. Mit dem Frieden von Tilsit wurde Planena im Jahr 1807 dann dem Königreich Westphalen angegliedert und dem Distrikt Halle zugeordnet. 1816 wurde der Ort dem Regierungsbezirk Merseburg angeschlossen und dem Saalkreis zugeordnet.

Am 1. Mai 1920 wurde Planena nach Ammendorf eingemeindet, mit dem es am 1. Juli 1950 nach Halle kam. Übersetzt bedeutet der Name übrigens „Überschwemmungswiese“ - ein Beweis dafür, dass die Bewohner seit jeher mit den regelmäßigen Überflutungen leben.

Mit dem Hochwasser muss auch Familie Reichstein leben

Mit dem Hochwasser muss auch Familie Reichstein leben: „Bei uns steht aber die Angst davor nicht im Vordergrund“, sagt Clemens Reichstein. Er sieht vor allem die Vorteile: Seit ihrem Umzug hat er seine Werkstatt genau vor der Haustür - muss nicht mehr bis Trotha fahren, wenn er noch schnell eine Idee umsetzen will. Auch kann er jetzt ganz andere Projekte angehen. So hat er die letzten Monate an dem Großprojekt eines Mammuts für den Spielplatz vor dem Landesmuseum gearbeitet.

Aber auch Schulklassen und Kinder-Gruppen empfängt er jetzt auf dem Hof, wo die Kinder mehr über Holzbearbeitung und das Handwerk des Holzbildhauers lernen. Zudem hat seine Frau das erste Scheunen-Yoga in Planena ins Leben gerufen, das immer mittwochs natürlich in der Scheune der Familie stattfindet. Die Reichsteins sind zu Hause angekommen. (mz)

Clemens und Ligeia Reichstein leben hier glücklich mit  ihren Söhnen Joschua und Kolja.
Clemens und Ligeia Reichstein leben hier glücklich mit  ihren Söhnen Joschua und Kolja.
Andreas Stedtler