Spitzenreiter personell am Limit Spitzenreiter personell am Limit: Gibt es bald Verstärkung für die Wildcats?

Halle (Saale) - Die Muskeln brennen auch in den Stunden danach noch heftig. Die Handfläche links ist dazu blitzeblau. „Draufgeknallt“, erklärt Lea Gruber. Passiert ist das der Union-Handballerin beim Schlagabtausch am Samstagabend in der Erdgasarena mit den Füchsen Berlin. Und doch wirkt die 22-Jährige ausgesprochen glücklich.
Die körperlichen Folgen des gewaltigen Kraftaktes nimmt sie gern in Kauf, schließlich hat ihre Mannschaft gewonnen. 28:27 hieß es nach 60 hochdramatischen Minuten für die Gastgeber. Der Spitzenreiter hat seine Vormachtstellung in der zweiten Bundesliga verteidigt. Und den 950 Zuschauern eine Vorstellung geboten, die sicher zum Wiederkommen einlädt.
Wildcats sorgen sich um Kapitänin Sophie Lütke
Die so hart erkämpften Punkte sind nicht hoch genug zu bewerten. Denn die Mannschaft mit dem ohnehin schon schmalen Kader musste an diesem Tag zwei schwere Ausfälle verkraften. Während sich Abwehrchefin Pia Dietz nach ihrer Schulter-OP für den Rest der Saison abmelden musste, fehlte Kapitänin Sophie Lütke nach einem verschleppten grippalen Infekt. Vereinschef Bodo Meerheim spricht von einer möglichen Herzmuskelentzündung und weiteren anstehenden Untersuchungen zur Abklärung. Wann sie ins Team zurückkehrt, scheint gerade völlig offen.
„Die beiden haben uns schon sehr gefehlt“, bestätigt Lea Gruber. Natürlich habe man ein wenig Zeit gebraucht, um sich neu zu sortieren. Und dann war auch noch Laura Winkler, die die Reihen hinten dicht machen sollte, zweimal so rüde gefoult worden, dass Trainerin Tanja Logvin die Spielerin vorsorglich aus der Schusslinie nahm.
Schließlich war diese nach auskurierter Handverletzung gerade erst ins Team zurückgekehrt. Danique Boonkamp wiederum ist böse umgeknickt. Doch sie biss die Zähne zusammen und ackerte auch mit dickem Knöchel weiter. Tatsächlich, einen weiteren Ausfall hätte Union kaum kompensieren können. Trotz der lobenswerten Einstellung.
Sonderlob für Swantje Heimburg und Anica Gudelj
„Wir alle haben Vollgas gegeben“, sagt Lea Gruber. Sie selbst ging mit gutem Beispiel voran und hämmerte - im Stile einer Sophie Lütke - den Ball achtmal ins gegnerische Tor. „Du musst dir einfach ein Herz fassen “, erklärt Halles Nummer 19 ihre Unbekümmertheit. Klappt mal was nicht? „Pfeif drauf und es einfach wieder versuchen“, so ist ihre Devise. Und zwar von der ersten bis zur letzten Minute. Wie fast alle ihre Teamkolleginnen spielte sie diesmal durch.
Trainerin Tanja Logvin wird diese Haltung sicher gefreut haben. Die einstige Weltklassespielerin ermutigt schließlich ihre Schützlinge immer wieder dazu, kreativ zu sein und Verantwortung zu übernehmen. „Das heute war ein Sieg der Moral“, sagt sie. „Und der größeren Kraft.“
Neben Lea Gruber lobt die Trainerin Siebenfach-Torschützin Swantje Heimburg. Torfrau Anica Gudelj zeichnete sich wiederholt durch Glanzparaden aus, während Jenice Funke vom Siebenmeterpunkt Nervenstärke bewies.
Wildcaats kämpfen gegen Berlin um jeden Ball
Und Nadine Smit erzielte vom Kreis ganz wichtige Tore. Als ihr kurz vor Schluss eines nicht anerkannt wurde, weil sie auf der Linie stand, ließ sie sich davon nicht beirren und sorgte mit Halles 28. Treffer kurz vorm Abpfiff für die Erlösung.
„Wir sind eine sehr ausgeglichene Mannschaft“, gibt Nadine Smit die Blumen hinterher an ihre Teamkolleginnen weiter und schließt da auch Lena Smolik und Vanessa Dierks aus dem Juniorteam mit ein, die kurzzeitig für Entlastung sorgten und damit ihre Mannschaft im Spiel hielten.
Um jeden Ball wurde verbissen gekämpft, die eigenen Fehler, mit denen man laut Nadine Smit den Gegner vor allem in der ersten Halbzeit stark gemacht hat, konnten minimiert werden. So kam es schließlich doch noch zu einem Happyend.
Wildcats denken über Verstärkung des Kaders nach
„Das war keine Laufkundschaft“, sagt Vereinschef Bodo Meerheim später über die routinierten Füchse. Auch er weiß, dass Union gerade am Limit spielt. An guten Tagen, so Meerheim, könne in dieser Liga fast jeder jeden schlagen. Heißt: Es kommen noch schwere Gegner und der Drei-Punkte-Vorsprung auf den Zweiten darf den Spitzenreiter nicht in Sicherheit wiegen.
Befragt zur Kaderproblematik will sich der Präsident nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Doch auch ihm ist klar, dass es ein Drahtseilakt wird, ohne Pia Dietz für den Rest der Saison zu spielen. Erst recht, sollte Sophie Lütke länger ausfallen.
„Wir haben am Mittwoch Präsidiumssitzung und werden darüber reden“, verspricht Meerheim. Indes: Sponsoren davon zu überzeugen, schon vor dem Aufstieg Geld für Verstärkung zu geben, wäre nur das eine. Jemand Bezahlbaren zu finden, der langfristig helfen kann und dazu auch noch in die Mannschaft passt, das andere. Gegen Beyeröhde am Samstag wird also erneut Moral und Kampfkraft gefragt sein. (mz)