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Sissy Metzschke über "#hallezusammen" Sissy Metzschke über "#hallezusammen": "Wir werden laut weltoffen und friedlich sein"

Von Lina Bartnik 18.10.2019, 19:19
Hallenserin und Moderatorin Sissy Metzschke moderiert neben SAW-Moderator Holger Tapper am Samstag das Gedenkkonzert „HalleZusammen". Sie findet es wichtig ein Zeichen für Weltoffenheit und den Zusammenhalt in Halle zu setzen.
Hallenserin und Moderatorin Sissy Metzschke moderiert neben SAW-Moderator Holger Tapper am Samstag das Gedenkkonzert „HalleZusammen". Sie findet es wichtig ein Zeichen für Weltoffenheit und den Zusammenhalt in Halle zu setzen. Hagen Wolf

Halle (Saale) - Rund eineinhalb Wochen nach dem schrecklichen Anschlag in Halle sind die Hallenser weiterhin tief betroffen und trauern. Neben verschiedenen Gottesdiensten und Trauermärschen, die verteilt über die Woche stattfanden, wird am diesem Samstag, 19. Oktober, mit dem Gedenkkonzert „#hallezusammen“ an die Opfer des rechtsextremistischen Terrorakts gedacht. Gleichzeitig will die Veranstaltung auch ein Zeichen für ein offenes und friedliches Miteinander sowie eine starke Botschaft gegen Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus setzen.

Dafür konnten bekannte Künstler, wie Mark Forster, Max Giesinger oder Alice Morten gewonnen werden. Durch das Gedenkkonzert führt neben SAW-Moderator Holger Tapper, die MDR-Moderatoren Sissy Metzschke. Sie ist gebürtige Hallenserin und erlebte den Anschlag als surreales Ereignis. Wie sie mit der Herausforderung umgeht, ein Gedenkkonzert zu moderieren, erzählte sie im Interview mit MZ-Redakteurin Lina Bartnik.

Sie erklären auf Ihrer Webseite, dass sie in „Hallefornia“ geboren sind. Eine spielerische Wortschöpfung aus „Halle“ und dem amerikanischen Staat „California“. Warum ist Halle für sie so besonders?

Sissy Metschke: Hallefornia ist eine Wortkreation, die seit Jahren in meinem Freundeskreis kursiert. Sie bringt unsere Liebe für Halle zum Ausdruck. „Halle“ steht für Tradition, während „fornia“ Fortschritt, Schönheit & Weltoffenheit symbolisiert. Zusammengesetzt ist das Wort einfach eine Liebeserklärung an unsere Stadt.

Ich bin in Halle geboren, habe hier studiert und beim MDR vor 16 Jahren meine Berufung als Moderatorin gefunden. Trotz Auslandssemester in San Diego und einem Jahr Fuerteventura stand es für mich nie zur Debatte, meine Heimatstadt zu verlassen. Ich reise berufsbedingt viel, aber mein Lebensmittelpunkt ist und bleibt Halle. Hier hab ich alles was ich zum glücklich sein brauche – dufte Menschen, ein abwechslungsreiches Kulturangebot, leckeres Essen und mit Hohenweiden eine Wakeboardanlage in unmittelbarer Nähe.

Sie wohnen auch in Halle. Haben Sie die Ereignisse am 09. Oktober somit unmittelbar mitbekommen? Was ging ihnen durch den Kopf?

Am Tag des Anschlags war ich gerade im Fitness-Studio als mein Telefon klingelte und Freunde fragten, wo ich sei. Wie alle Hallenser war ich beim Lesen der Meldungen fassungslos. Es war unwirklich. Die Bilder surreal. Auch die Menschen im Fitness-Studio versuchten, ihre Lieben zu erreichen. Viele standen auf dem Gang und verfolgten von dort aus den Liveticker. Später fuhr ich in den Sender, um die Abendsendung zu moderieren. Wir stellten schnell die Inhalte um und versuchten einfach, uns durch das Radio mit den Hallensern zu verbinden, ihnen beizustehen und sie auf dem Laufenden zu halten.

Wie war ihre Reaktion auf die Anfrage das Gedenkkonzert „HalleZusammen" zu moderieren?

Als die Anfrage für ‚HalleZusammen‘ mich erreichte, wollte ich zuerst Genaueres wissen, um sicherzustellen, dass der Zusammenhalt und nicht die Promo im Fokus steht. Als mir das Konzept erklärt wurde, war ich natürlich dabei. Ich finde es wichtig, ein solches Zeichen zu setzen. Die Hallenser stehen zusammen. Das haben sie solange ich lebe, immer getan. Wir werden uns treffen, um zu zeigen, dass wir aufeinander achten, dass wir hinsehen und füreinander da sind. Wir werden laut sein und wir werden für eine Gesellschaft einstehen, in der wir alle leben wollen – eine freie, friedliche, weltoffene Gesellschaft.

Sie haben bereits langjährige Moderationserfahrung im Radio und Fernsehen. Am Samstag handelt es sich, trotz der musikalischen Show, um eine Gedenkveranstaltung. Wie gestalten sie ihre Moderation zwischen Trauer und Party?

Am Samstag werden wir uns auf dem Marktplatz treffen, um Solidarität zu bekunden. Wir werden der Opfer gedenken, den Rettungskräften danken und gemeinsam versuchen, den Anschlag aufzuarbeiten. Wir werden zusammenstehen und gemeinsam nach vorne schauen. Dieser 9. Oktober gehört jetzt zu unserer Geschichte. Wir werden ihn nie vergessen. Wir werden aber auch nicht vergessen, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. In einer freien, respektvollen, friedlichen, weltoffenen Gesellschaft. Wir lassen uns nicht einschüchtern, wir werden aufeinander aufpassen und unser Halle beschützen. Alle zusammen.

Ich werde mit dem selben Respekt auf die Bühne gehen, wie ich am Abend des Anschlags zur Mahnwache auf den Markt gegangen bin. Diese Stadt ist mein Zuhause. Diese Moderation fühlt sich für mich nicht wie ein Job, sondern wie das Treffen des Familienrates an.

Zusammen mit der Band Kraftklub haben sie die Radiosendung „Radio K“ moderiert. Die Band ist unter anderem für ihren Kampf gegen den Rechtsruck in Deutschland bekannt. So auch bei dem Protestkonzert „Wir sind mehr“, nach den rechtsextremen Ausschreitungen in Chemnitz im Spätsommer 2018. Werden Sie am Samstag auch politisch in ihrer Moderation? 

Das besondere an ‚HalleZusammen‘ steckt schon im Namen der Veranstaltung. Am Samstag kommen wir alle zusammen: Sportvereine, Kulturschaffende, Medienmacher (privat & öffentlich-rechtlich), Musiker aus ganz Deutschland und Hallenser*innen – an diesem Tag sind wir vor allem eins: Menschen, die dieselben Ziele und Werte verteidigen. Für Weltoffenheit, Vielfalt, Respekt, für Frieden.

Der Anschlag vom 9. Oktober war ein Angriff auf unsere Gesellschaft. Nach dem Schock, den weichen Knien und der Stille stehen wir nun wieder auf. Und wir stehen zusammen. Wir zeigen, dass wir keine Angst haben und keine Form von Diskriminierung oder Rassismus dulden. Nicht mal einen Hauch davon. Das ist für mich eine ganz klare politische Haltung. Ich habe mir keine Moderationstexte oder schlaue Zitate vorbereitet. Ich werde als Hallenserin auf die Bühne gehen und als Teil der Gesellschaft. Ich werde statt zu moderieren wahrscheinlich einfach reden. 

Was wünschen sie sich für das Konzert am Samstag und für Halle nach den schrecklichen Ereignissen? 

Ich wünsche mir eine friedliche Veranstaltung, die den Hallensern Mut macht und Kraft gibt. Musik ist für viele Menschen nicht nur Unterhaltung, sondern Seelenfutter und Energiespender. Und das können wir, glaube ich, alle gebrauchen. (mz)