Sechsjähriger fast in der Saline in Halle ertrunken Sechsjähriger fast in der Saline in Halle ertrunken: War das Kinderbecken zum Unfallzeitpunkt ohne Badeaufsicht?

halle (Saale) - Dramatische Minuten im Saline-Freibad in Halles Innenstadt: Sanitäter, Feuerwehrleute und ein Notarzt kämpfen fieberhaft um das Leben eines Sechsjährigen. Der Junge muss wiederbelebt werden. Herzmassage, Beatmung, rettende Medikamente - die erfahrenen Frauen und Männer geben am Rand des Kinderbeckens, was sie können. Sie gewinnen den Kampf gegen den Tod. Zumindest vorerst. Das Herz des kleinen Jungen, der Samstagmittag im Saline-Bad fast ertrunken wäre, schlägt wieder. Ein Rettungshubschrauber bringt das Kind in kritischem Zustand in eine Klinik. Auf der Intensivstation wird er seitdem künstlich beatmet. Der Junge schwebt noch immer in Lebensgefahr.
Ohne Sauerstoff unter Wasser
Mehrere Minuten war er im 1,30?Meter tiefen Rutschbecken ohne Sauerstoff unter Wasser. Warum der Junge nach dem Rutschen nicht wieder auftauchte, konnte nach Angaben von Polizeisprecherin Ulrike Diener noch nicht geklärt werden. Das Kind sei normal in das Becken eingetaucht, nicht aber wieder nach oben gekommen. Wichtige Minuten vergingen, bis laut Polizei eine 27-Jährige den reglosen Körper im Wasser bemerkte. Zu diesem Zeitpunkt sei die Rettungskette in Gang gekommen. Die junge Hallenserin griff beherzt zu, zog den Sechsjährigen aus dem Wasser und begann mit der Wiederbelebung. Nach den bisherigen Ermittlungen der Polizei sei erst in diesem Moment eine Bademeisterin an der Unglücksstelle eingetroffen. War das Kinderbecken zum Unfallzeitpunkt ohne Badeaufsicht?
Nein, heißt es bei den Stadtwerken, deren Bäder GmbH das Saline-Freibad betreibt. „Beide Becken waren jederzeit unter Aufsicht. Das Personal wechselt häufig die Position am Beckenrand, um regelmäßig in alle Bereiche Einsicht zu haben“, teilte Corinne Richert von der Stadtwerke-Pressestelle auf Nachfrage der MZ mit. Am Samstagmittag seien demnach zwei vollausgebildete Badeaufsichten mit einer Qualifikation als Rettungsschwimmer im Einsatz gewesen. So, wie es der Sicherheitsplan für die Anlage vorsehen würde. In der Saline müssen ein Schwimmer- und eben jenes Kinderbecken mit Rutsche bewacht werden. Wenn dafür aber ausreichend Rettungspersonal im Dienst gewesen sein soll, wieso dauerte es dann Minuten, bis der Unfall bemerkt wurde? Noch dazu von einem Badegast und nicht von einem Rettungsschwimmer? Diese Fragen beantwortete Richert am Sonntag nicht.
Badegäste sagten am Samstag jedoch, zum Unfallzeitpunkt keinen Schwimmmeister am Kinderbecken gesehen zu haben. Ein Rettungsschwimmer soll, so war zu erfahren, die Kopfplatzwunde eines anderen Badegastes versorgt haben. Aus diesem Grund sei auch ein Rettungswagen bereits auf dem Weg zur Saline gewesen, als der Notruf wegen des Badeunfalls in der Leitstelle der Feuerwehr in Neustadt einging. „Für einen so heißen Tag sind einfach zu wenig Rettungsschwimmer hier. Ich glaube nicht, dass das Personal immer alles im Blick hat“, sagte ein Badegast.
Wo war die Mutter zum Unfallzeitpunkt?
Unklar ist unterdessen auch noch, wo sich die Mutter des Jungen zum Unfallzeitpunkt befunden hat. Die 31-Jährige war mit ihrem Sohn und dessen zweijährigem Geschwisterkind in die Saline gekommen. Mit einem schweren Schock musste auch sie nach dem Unglück in eine Klinik eingeliefert werden. Ob die Hallenserin ihrer Aufsichtspflicht ausreichend nachgekommen ist und sich in der Nähe des Beckens befand, muss im Lauf der Ermittlungen untersucht werden.
Entscheidend für die Klärung des genauen Unfallhergangs wird auch die Frage sein, ob der Sechsjährige schwimmen konnte. Mädchen und Jungen, die das nicht können, seien auch in den Nichtschwimmerbecken besonders gefährdet, so Sven Thomas, Chef der DRK-Wasserrettung Halle. Ihr niedriger Körperschwerpunkt lasse kleine Kinder, wenn sie mit dem Gesicht im Wasser gelandet sind, nur schwer wieder aufstehen. „Erschrocken verlieren sie zudem die Orientierung und ein an sich lebenswichtiger Reflex, das Schließen der Stimmritze, verhindert, dass sie weiteratmen“, sagte Thomas. Die Folge sei das „trockene Ertrinken“.
