Sebastian Fitzek in Halle Sebastian Fitzek in Halle: Auch den Thriller-König plagen manchmal Selbstzweifel

Halle (Saale) - Frauen stehen in langen Warteschlangen an, um ihn sehen und hören zu können. Da ist es bei „Halle liest mit“ genauso wie auf der Buchmesse in Leipzig. Sebastian Fitzek, Deutschlands bekanntester Autor von Psycho-Thrillern, gibt sich die Ehre, packt aus und es herrscht atemlose Spannung.
Warum der Mann seit 2006 ununterbrochen auf der Überholspur der Geschichtenerzähler unterwegs ist, darüber gibt er der MZ exklusiv Auskunft. Vorab aber bleibt festzuhalten: Am Samstag in Halle zur „Krimi-Nacht im Landgericht“ strahlen die Augen seiner weiblichen Fans vor Begeisterung - obwohl oder gerade weil der 46-Jährige gnadenlos mit tiefsitzenden Urängsten spielt.
Die Tickets für „Flugangst 7A“ reichen jedenfalls nicht. Dabei findet die Lesung aus dem neuen Blockbuster wegen der riesigen Nachfrage schon im Löwengebäude der Uni statt.
Warum Sebastian Fitzeks Bücher vor allem Frauen fesseln
Dass er vor allem das Lesebedürfnis von Frauen zwischen 16 und 96 erfüllt, ist sich Fitzek voll bewusst. So sei die Fabel des 400 Seiten starken Buchs gestrickt. Und das zeigen auch die für die Werbetour ausgewählten Passagen. Seelischer Ausnahmezustand von Beginn an: Ein Psychiater mit Flugangst sitzt mit einem ehemaligen Patienten in einem Jet, das abstürzen soll. Sonst stirbt die hochschwangere Tochter des Mediziners...
Zwei Eigenschaften könnten, glaubt Fitzek mit den Erfahrungen aus Hunderten von Lesungen, seinen Erfolg bei Frauen erklären. Erstens: Im Vergleich zu Männern sind sie einfach härter im Nehmen und könnten mörderischen Gewaltfantasien folgen, ohne deshalb gleich schlaflose Nächte zu haben. Zweitens: Gerade Mütter organisierten ihren Alltag so, dass Pausen zum Schmökern blieben. Ehefrau Sandra (32), mit der Fitzek drei Kinder hat, sei dafür ein gutes Beispiel. Was ihn freut und zugleich verwundert: „Kein Horror kann sie schrecken.“ Damit übernehme sie zuweilen auch die Rolle der ersten, schärfsten Kritikerin.
Fitzek in Halle (Saale): „Hinterher fällt mir ganz viel ein, was ich hätte besser machen können.“
Diese Zuwendung motiviere ihn unheimlich, wenn er täglich so ab 9 Uhr allein in seiner Schreibwerkstatt sitze und die Seiten fülle. Doch nicht immer laufe es gut. Dann könne es passieren, dass sein Tageswerk abends im Papierkorb ende. Auch nach Riesenerfolgen mit einer Gesamtauflage, die in die Millionen geht, weiß der Schreiber: „Hinterher fällt mir immer noch ganz viel ein, was ich hätte besser machen können.“
Nur mit Totalverrissen, mit denen zuweilen ambitionierte Berufskritiker aufwarteten, könne man nichts anfangen. Am meisten ärgert ihn, wenn Denis Scheck im ZDF die Bücher, die ihm nicht passen, in den Abfall wirft. Was sei das für ein Signal, fragt er empört. „Pure Missachtung, auch der Leser.“
Auch Piloten und Stewardess halfen Fitzek bei seinem neuen Roman
Themenwechsel: Wie glaubhaft möchte Fitzek sein? Als Dokumentarist, so viel ist klar, versteht er sich nicht. „Die Handlungen seiner Bücher sind von vorn bis hinten ausgedacht.“ Aber, das ist dem ehemaligen Juristen und heutigen Poesie-Dozenten wichtig: „Vieles ist hart recherchiert und bis ins Detail nachprüfbar.“ So habe er im Vorfeld von „Flugangst 7A“ ausführlich mit einem Piloten und einer Stewardess erörtert, ob und wie es in der Luft möglich sei, eine Tür des Flugzeugs zu öffnen. „Das war ein Problem, das mich selbst brennend interessiert, denn ich fliege eigentlich nicht besonders gern.“
Nächster Film zum Buch kommt im Oktober in die Kinos
Vor allem besorgt ihn, nicht mehr selbst Herr der Lage zu sein. „Plötzlich üben andere die Kontrolle aus.“ Seine nächsten Flüge sind trotzdem schon gebucht. Fitzek erwähnt beispielsweise einen Trip demnächst nach Basel, zum Lesefestival Saint Louis. Und im Oktober erwartet man ihn auf dem Filmmarkt in den USA. Vorlage für den Streifen „Abgeschnitten“, der am 11. Oktober mit Moritz Bleibtreu in der Hauptrolle in die Kinos kommt, ist das gleichnamige Buch von 2012. Schon am 30. März sendet RTL die filmische Umsetzung des 2015er Bestsellers „Das Joshua-Profil“.
Aktuell arbeitet Fitzek an mehreren Szenarien gleichzeitig. Möglicherweise bringt er, bevor der nächste Schocker auf den Markt kommt, noch ein Kinderbuch heraus. Es zeigt vermutlich eine ganz andere Seite des Schriftstellers, ähnlich seinem Erstling für den Nachwuchs „Pupsi & Stinki“- möglicherweise sogar mit Bezügen auf die eigene Familie und vielleicht auch zu Sachsen-Anhalt. Fitzeks Vater stammt aus Bitterfeld, seine Oma aus Merseburg. (mz)