Schlesisches Konvikt Schlesisches Konvikt: So lebt es sich im ältesten Studentenwohnheim der Stadt

Halle (Saale) - Das Schlesische Konvikt in der Emil-Abderhalden-Straße/Ecke Adam-Kuckhoff-Straße ist wohl das älteste Wohnheim für Studenten in Halle. In diesem Jahr besteht es 150 Jahre, gefeiert wird dies an diesem Mittwoch. 1868 wurde es errichtet, nachdem es bereits gut zwei Jahre in einem Mietshaus bestanden hatte. Der Stifter des Hauses war der Breslauer Adlige Karl Philipp Graf von Harrach. Jeder Konviktuale hatte damals ein Einzelzimmer. Das Konvikt wurde aber nicht immer nur als Wohnheim genutzt. 1938 zog die Kirchenmusikschule, die zuvor in Aschersleben war, in das Haus und nahm dort 1939 ihren Betrieb auf.
Dann, im Jahr 2000 zog diese ins Händelkarree. Die Studenten, die in der Emil-Abderhalden-Straße wohnten, blieben. Als der Nutzungsvertrag mit der Landeskirche fünf Jahre später auslief, entschieden sich die Bewohner dafür, dass das Haus wieder Konvikt sein soll.
Und wie lebt es sich heute im Schlesischen Konvikt? Cosima Schreier studiert im zehnten Semester Schulmusik und Kirchenmusik. Der Garten am Wohnheim, der an Sommerabenden zum gemütlichen Sitzen einlädt, war ein Grund, warum sie sich im Wintersemester 2014/15 für das Schlesische Konvikt als Wohnort entschieden hat. Doch noch andere Gründe wiegen schwer. „Die Übungsmöglichkeiten sind hier ideal, die Klaviere in den Zimmern und selbst eine Orgel steht uns zur Verfügung. Dazu die Nähe zur Innenstadt und die anderen Bewohner, die in ganz verschiedenen Richtungen studieren“, zählt sie auf. „Klaviere und eine Orgel. Das findet man doch in keinem anderen Wohnheim“, bestätigt Kirchmusikstudent Johannes Richter. Für ihn ist auch folgendes wichtig: „Man ist hier nicht so allein wie in einer eigenen Wohnung, kann aber auch seine Tür einfach zumachen, wenn man will.“
Der 24-jährige Soziologie- und Südasienkunde-Student Paul Rupschus fühlt sich seit Beginn seines Studiums 2014 im Schlesischen Konvikt pudelwohl. „Es ist wohntechnisch genau zwischen Wohnheim und WG. Es ist das Beste aus zwei Welten praktisch“, sagt er. Im Konvikt hat er die Aufgabe eines Bar-Ministers übernommen, ist für den Bar-Abend donnerstags zuständig.
Charlotte Bernhard wohnt seit Herbst 2017 dort. Die Theologiestudentin, die ein Jahr lang in Berlin studiert hatte, wechselte vor allem deshalb nach Halle, weil man als Student schwer ein Zimmer zu fairen Bedingungen bekäme. Den Umzug hat sie nie bereut. „Ich bin sehr zufrieden hier. Es ist cool im Konvikt zu wohnen, der Gemeinschaft wegen. Und mit dem Rad hat man alles in der Stadt in rund zehn Minuten erreicht“, schwärmt sie. Sie findet auch die regelmäßigen Veranstaltungsangebote gut, egal ob Lesekreis, Andacht, Filmabend oder Morgengebet.
Nur die unmittelbare Nachbarschaft zum Haus der Identitären schräg gegenüber störe alle. „Die Veranstaltungen von denen, das Gegröle, die Gegenveranstaltungen und die Auseinandersetzungen mit der Polizei nerven“, findet Paul Rupschuss. „Es ist ein Erlebnis der anderen Art in einer liberalen, studentischen Stadt, wenn plötzlich Mülltonnen in der Straße brennen.“ Charlotte Bernhardt ergänzt: „Man hat das Gefühl, man muss sich positionieren und bewusst distanzieren.“ Das haben die Bewohner vor Ortgetan. Mehrfach haben sie Transparente aufgehängt, zunächst welche, die sie von der EKM bekommen haben. Als die gestohlen worden waren, haben sie selbst Transparente angefertigt. Doch auch diese sind verschwunden. Cosima Schreier findet es aber gut, dass man darüber geredet hat, welche Werte man im Schlesischen Konvikt hat und dass die Vernetzung mit anderen Anwohnern viel stärker geworden ist.
››Zum 150-jährigen Bestehen des Schlesischen Konvikt in Halle findet an diesem Mittwoch, 20. Juni, ab 15 Uhr in der Emil-Abderhalden-Straße 10 ein Fest statt. Zu dem wird auch Bischöfin Ilse Junkermann erwartet.
(mz)