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Die Leiche muss nackt sein Schlampige Leichenschau: In Halle lernen Studenten der Rechtsmedizin, wie es besser geht

Von Maximilian Mühlens 12.09.2018, 09:30
Alexandra Biolik untersucht die Leiche von Herrn Müller - glücklicherweise handelt es sich nur um eine männliche Puppe.
Alexandra Biolik untersucht die Leiche von Herrn Müller - glücklicherweise handelt es sich nur um eine männliche Puppe. Silvio Kison

Halle (Saale) - Herr Müller liegt auf dem Bauch. An seinem linken Unterarm ist deutlich eine blutende Wunde zu sehen, sein rechter Arm ist vom Oberkörper weggestreckt. Bekleidet ist Herr Müller lediglich mit einem OP-Hemd. Alexandra Biolik kniet neben ihm, hat sich blaue Einmalhandschuhe angezogen.

Die Doktorandin des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Halle beginnt mit ihrer äußeren Leichenschau. Glücklicherweise handelt es sich bei Herrn Müller nur um eine detailgetreue Puppe mit der Studenten die äußere Leichenschau üben können.

Rechtsmediziner aus Europa treffen sich in Halle

Der Workshop „Neue Trends in der rechtsmedizinischen Lehre und Ausbildungsforschung“ im Dorothea Erxleben-Lernzentrum findet am Dienstagnachmittag im Rahmen der 97. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin statt. Erstmals findet das große Treffen in der Saalestadt statt und lockt mehr als 350 Teilnehmer aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Osteuropa und aus Japan an. Tagungspräsident Professor Rüdiger Lessig hat mit seinem Team das Zusammentreffen mehr als ein Jahr lang vorbereitet. Bevor die Tagung am Mittwoch offiziell eröffnet wird, haben die Teilnehmer die Möglichkeit, Workshops zu besuchen.

Kurs an der Uni Halle: Bei der Leichenschau werden noch oft Fehler gemacht

Steffen Heide ist Rechtsmediziner am halleschen Institut für Rechtsmedizin und hat für die Studenten einen speziellen Test zur äußeren Leichenschau entwickelt. Dieser wird im SkillsLab, dem Simulationszentrum der Medizinischen Fakultät, durchgeführt. „Die Qualität der Leichenschau ist in Deutschland - gelinde ausgedrückt - nicht besonders gut, dabei ist sie extrem wichtig“, so der Rechtsmediziner.

Unter den Kollegen seines Faches sei der Spruch „Wenn auf dem Grab jedes Ermordeten eine Kerze brennen würde, wären Friedhöfe nachts hell erleuchtet“ weit verbreitet. Soll heißen: Bei der Leichenschau werden Fehler gemacht, die dazu führen, dass ein Mord nicht aufgedeckt wird.

Diese Fehler dürfen aber nicht passieren. „Wir haben in Halle deshalb neue Methoden entwickelt und etablieren diese in der Ausbildung der jungen Ärzte“, so Heide.

Durchgefallen im Test - weil die Leiche nicht nackt war

Am Computer können zehn verschiedene Fälle abgerufen werden, unter anderem wie ein Totenschein richtig ausgefüllt werden muss. „Ihn richtig auszufüllen und zu verpacken will gelernt sein“, so Heide. Auch die Leichenschau lernt sich besser in der Praxis, als theoretisch im Hörsaal. Diese kann mit Hilfe eines Programmes auch gleich bewertet werden.

Doktorandin Alexandra Biolik ist im übrigen bei ihrer Prüfung durchgefallen. Sie hat zwar alle Verletzungen gefunden und gewissenhaft den gesamten Körper abgesucht, allerdings hat sie Herrn Müller nicht entkleidet. „Der Tote muss unbedingt entkleidet werden, genau so braucht man sehr viel Licht bei der äußeren Schau“, so Rechtsmediziner Heide.

Auch an virtueller Leichenschau wird gearbeitet

Aber die Doktorandin ist natürlich Profi genug, denn den Fehler hat sie ganz bewusst platziert: Um die Workshop-Teilnehmer zu testen. Was die Leichenschau angeht sind die halleschen Rechtsmediziner sehr umtriebig, denn längst steht das nächste Projekt in den Startlöchern. „Wir entwickeln die virtuelle Leichenschau“, so Biolik.

Schon jetzt wurde ein Tatort nach Original-Vorbild nachgebildet. Die Studenten können sich dann mit einer besonderen Brille und zwei Joysticks in dem Raum bewegen und ihrer Arbeit nachgehen. Untersuchungen an der Leiche sind ebenso möglich, wie Beweismittel zu markieren. Natürlich nur zu Übungszwecken. (mz)