Alin Irincu Rudern: Juniorenweltmeister Alin Irincu trainiert Toptalente in Halle

Halle (Saale) - Ganz unten in den Katakomben des Bootshauses an der Saale hatte Alin Irincu zum Frühsport gerufen: zum „Trocken“-Training auf den Ergometer. „Das Training gerade im Winter“, so erklärt der Hüne, „ist für Ruderer sehr hart.“ Er wählt seine Worte sorgsam, während er von der Schinderei auf den Kardiogeräten und im Kraftraum berichtet.
Der Akzent lässt auf seine rumänische Herkunft schließen. „Von den zwölf bis 15 Stunden Training in der Woche ist etwa die Hälfte an Land“, sagt er. Und auch die andere Hälfte, die im Boot auf dem Neustädter Kanal, hat es in sich. Wenn das Wetter schmuddelig oder nasskalt - also kurzum eklig - ist, dann bleibt der Spaß logischerweise an Land.
Die jungen Leute bei der Stange zu halten, ist dann gar nicht so einfach. Neben Sachverstand ist da auch pädagogisches Geschick gefragt. Beides wird dem 38-Jährigen zugetraut. Deshalb wurde er mit Beginn des neuen Schuljahres mit der Betreuung der 16- und 17-jährigen Rudertalente betraut. Irincus Vertrag gilt vorerst für zwei Jahre. Beide Seiten hoffen, danach in die Verlängerung gehen zu können.
„Ich denke, das passt gut“, zeigt sich Halles erster Rudertrainer Frank Köhler nach den Auftaktwochen optimistisch. Bei einem Trainingslager während der Herbstferien nahe Königs Wusterhausen haben sich die Truppe und der Coach zusammengerauft. Köhler, der für Top-Ruderin Julia Lier in Rio mit die Spur zu Olympiagold gelegt hatte, ist froh über die Entlastung für sich und seine Trainerkollegen bei den so genannten Anschlusskadern. Nach dem Weggang von Rüdiger Hauffe war die Stelle ein Jahr lang nicht besetzt gewesen.
Irincu hat eine bemerkenswerte Ruder-Vergangenheit. Zweimal war der Mann vom Balkan selbst Juniorenweltmeister. Auch in der U 23 schwang sich der 1,97-Mann zur Nummer eins weltweit auf. In welcher Bootsklasse? „Verschiedene“, erzählt er. Sowohl im Vierer ohne Steuermann als auch im Achter war er sehr erfolgreich. Und er beherrscht sein Handwerk sowohl mit einem (Riemenrudern) als auch zwei Rudern (Skull). „Eine Spezialisierung gab es damals nicht bei uns, wir haben beides gleichberechtigt trainiert und dann sogar in einem Wettkampf beides gezeigt“, berichtet Irincu. Nach seiner Nichtberücksichtigung für Olympia 2000 in Sydney, wo der rumänische Achter ohne ihn Gold gewonnen hatte, zog er sich vom Leistungssport zurück, konzentrierte sich auf sein Studium erst als Sportwissenschaftler und dann noch einmal im Sportmanagement. Sein Trainerjob hatte ihn zwischenzeitlich nach Spanien geführt und 2013 dann schließlich nach Schweinfurt. Der Verein dort mit mehr als 500 Mitgliedern ist mehr breitensportlich orientiert.
Olympia hat ihn allerdings nie losgelassen. „Der Beste zu sein ist nach wie vor mein Traum“, sagt Irincu. Der Leistungsgedanke treibt ihn an. Irgendwann einmal, davon ist er überzeugt, wird einer seiner Schützlinge diesen Traum erfüllen. Das Potenzial, findet er, haben seine Athleten. „Einige sind jetzt schon auf dem Ergometer besser, als ich es zu meinen besten Zeiten war“ , sagt der Coach. Er selbst weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer gerade das Juniorenalter ist. „Ich versuche immer, ein offenes Ohr für die Jungen und Mädchen zu haben.“ So hat es sein Trainer damals bei ihm gehalten. Diese Erfahrung will er nun für sich nutzen.
Ob das so funktioniert, wird sich spätestens bei den Kadertests zeigen. Den ersten im Frühjahr für das neue Jahr. Und vielleicht schon am letzten Novemberwochenende im alten. Da nämlich bittet der Deutsche Ruderverband einen Teil seiner Athleten in Dortmund auf den Prüfstand - auf der Langstrecke und auf dem Ergometer.