Prozess gegen Online-Händler PC-Fritz Prozess gegen Online-Händler PC-Fritz: Jagd auf Software-Piraten

Halle (Saale) - Für den Berliner Geschäftsmann Firat C. sind die Räume des halleschen Landgerichts ein gewohntes Pflaster. Seit dem vergangenen Oktober reist der 31-Jährige regelmäßig an, er soll als Chef des halleschen Online-Handels PC Fritz Steuern in Millionenhöhe hinterzogen haben. Doch so eng wie am Dienstag war es bisher nicht auf der Anklagebank. Jetzt teilt er sich den Saal mit drei weiteren Angeklagten und einer Riege aus acht Verteidigern. Wieder geht es um PC Fritz, doch der Vorwurf ist ein neuer.
Die Geschäftspraktiken des skandalumwobenen Onlinehändlers PC Fritz sind seit Dienstag Gegenstand eines zweiten Gerichtsverfahrens. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Quartett, darunter auch Firat C., gewerbsmäßigen Betrug und Urheberrechtsverletzungen vor. Dokumentiert ist dies auf rund 3 000 Seiten Anklageschrift. Die Beschuldigten sollen rund neun Millionen Euro mit dem Verkauf von raubkopierten Windows-Versionen verdient haben. Das PC-Betriebssystem wurden massenweise zum Dumpingpreis verkauft.
Hunderttausende Raubkopien
Statt zum Normalpreis von rund 120 Euro gingen die Windows-Versionen bei PC Fritz für schlappe 19,90 Euro über den Ladentisch. Offenbar handelte es sich dabei um Raubkopien. Nach Erkenntnissen der halleschen Staatsanwaltschaft sollen die Windows-DVDs aus ausländischen Presswerken gestammt haben, vor allem aus der Ukraine. Sie waren nicht von Microsoft lizenziert - und der US-Konzern stieß mit seiner Anzeige erste Ermittlungen der Polizei an. Gewissheit über die unreinen Methoden bei PC Fritz brachten zwei großangelegte Razzien im September 2013 und April 2014, bei denen Hunderttausende Datenträger beschlagnahmt wurden (Chronik).
20. September 2013: Der Softwarehändler PC Fritz steht unter Verdacht, in großem Stil Raubkopien des Microsoft-Betriebssystems „Windows 7” als Originale ausgegeben und verkauft zu haben. Rund 100 Zollfahnder durchsuchten Objekte in Halle und Berlin. Das Unternehmen wehrt sich gegen die Vorwürfe.
1. Oktober 2013: Das hallesche Software-Unternehmen PC Fritz hat beim Landgericht Köln (LG) eine einstweilige Verfügung gegen Microsoft erwirkt.
10. April 2014: Nachdem Microsoft das Ermittlungsverfahren gegen PC Fritz wegen Handel mit gefälschten Betriebssystemen angestoßen hatte, wurden nun in Berlin drei Männer einer Berliner Firma in Haft genommen. Sie sollen zum wiederholten Mal mit gefälschten Betriebssystemen gehandelt haben.
22. Oktober 2013: Der Hallenser Maik Mahlow ist offenbar nicht mehr Geschäftsführer des Software-Händlers PC Fritz. Neuer Inhaber soll die Le-Na GmbH aus Berlin sein, ein nach eigenen Angaben auf Schmuck und Uhren spezialisiertes Unternehmen.
21. Oktober 2014: Nun wird am Landgericht Halle der Handel des Online-Versand PC Fritz mit gefälschten Windows-CDs verhandelt. Kronzeuge Maik Mahlow kam mit Perücke zur Verhandlung. Der 38-Jährige steht im Zeugenschutzprogramm und belastet den 31-jährigen Angeklagten schwer.
3. November 2014: Unter großen Sicherheitsvorkehrungen ist der Prozess gegen den 31-jährigen Chef der halleschen Firma PC Fritz, Maik Mahlow, fortgesetzt worden. Die geplante Befragung eines als Schlüsselfigur geltenden Hallensers fand jedoch nicht statt.
11. November 2014: Der Prozess gegen den mutmaßlichen Geschäftsführer von PC-Fritz, Maik Mahlow, kann fortgesetzt werden. Am Landgericht Halle war ein Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen die Richter abgewiesen worden.
14. November 2014: Im Prozess um den skandalumwobenen Online-Händler PC Fritz aus Halle ist am Freitag wider Erwarten noch kein Urteil gefallen. Es sollen nun noch sieben Entlastungszeugen gehört werden.
8. Januar 2015: Der Prozess um den Online-Händler PC Fritz aus Halle wird noch bis mindestens Februar andauern. Bei der Verhandlung am Donnerstag wurden vier weitere Verhandlungstage angesetzt.
Zuvor hatte der Handel mit den Raubkopien zwischen November 2012 und April 2014 offenbar floriert. Aufwendige Promotions-Touren mit Shows und Models prägten das Marketingbild der halleschen Start-Up-Firma. Zu dessen Ikone avancierte ein Mann mit Glatze, der auf dem Papier als Geschäftsführer des Unternehmens auftrat: Maik Mahlow. Eine erfundene Krebskrankheit gehörte zu seinem Marken-Image. Der Hallenser gehört in dem begonnen Prozess erneut nicht zu den Angeklagten. Laut Staatsanwaltschaft hatte Mahlow mit der Geschäftsabwicklung bei PC Fritz nichts zu tun. Er selbst beteuert, als ahnungslose Marionette des nun angeklagten Firat C. fungiert zu haben.
Die Angeklagten schweigen noch
Zwischen den Geschäftspartnern von damals ist das Tischtuch zerschnitten. Im Zuge der Razzien hatte Maik Mahlow umfassend zu den Geschäftspraktiken bei PC Fritz ausgesagt. Im ersten Prozess trat er dann als Kronzeuge auf und belastete Firat C. schwer. Damals herrschte im halleschen Landgericht Sicherheitsstufe 1 - Mahlow schaffte es in ein Zeugenschutzprogramm. Das Misstrauen gegenüber Mahlow ist groß bei den Angeklagten. Die Verteidiger stellten einen Antrag auf Tonbandaufnahmen bei einer kommenden Vernehmung Mahlows vor Gericht. Richter Helmut Tormöhlen lehnte ab.
Mahlows angeklagte ehemalige Geschäftspartner schwiegen am Dienstag zu den Tatvorwürfen. Über ihre Verteidiger ließen sie wissen, dass sie sich erst mit Beendigung des ersten Verfahrens gegen Firat C. äußern werden. Das dürfte nach derzeitiger Planung am 17. Februar sein. Für den neuen Prozess sind insgesamt 15 Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil wird am 24. Februar erwartet. Im Falle einer Verurteilung drohen den Angeklagten Haftstrafen in Höhe von bis zu 15 Jahren. (mz)
