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Pflege am Boden Pflege am Boden: Kommt es am Uniklinikum bald zum Streik?

Von Silvia Zöller 23.10.2019, 06:00
Rund 50 Mitarbeiter der Uniklinik legten sich am Montag aus Protest vor die Ulrichskirche .
Rund 50 Mitarbeiter der Uniklinik legten sich am Montag aus Protest vor die Ulrichskirche . Silvio Kison

Halle (Saale) - Gut 50 Mitarbeiter der Uniklinik haben sich am Montagnachmittag fünf Minuten auf dem Boulevard vor der Ulrichskirche in einem Flashmob auf den Boden gelegt. Die Aktion symbolisierte, dass für sie die Pflege an der Uniklinik am Boden ist: Im Rahmen der laufenden Tarifverhandlungen fordert die Gewerkschaft Verdi für die rund 2900 Mitarbeiter der Uniklinik im nicht-ärztlichen Bereich eine schrittweise Angleichung an den Tarifvertrag der Länder (TV-L), nach dem unter anderem an den Unikliniken in Leipzig, Jena und Magdeburg bezahlt wird.

Keine Einigung bei Tarifverhandlungen wird es einen Streik geben

„Wir werden seit zwölf Jahren unter diesem Tarifvertrag bezahlt“, so Annette Schwarz, Mitglied der Tarifkommission. Und damit auch unter dem Niveau, was das Personal in Kliniken in Westdeutschland erhält. Sollte es bei der Fortführung der Tarifverhandlungen keine Einigung im Sinne von Verdi geben, so soll es einen Streik geben, wurde bei dem Flashmob angekündigt.

Doch nicht nur der Haustarifvertrag ist es, was den Pflegekräften und dem Klinikpersonal unter den Nägeln brennt: Eine „angemessene Pflege der Patienten sei aufgrund der ständigen Personalknappheit kaum mehr realisierbar“, so Verdi-Verhandlungsführer Wolfgang Pieper.

Uniklinik weist Vorwürfe zurück: „Verdi spielt mit den Ängsten der Mitarbeiter"

Das Uniklinikum weist sowohl diesen Vorwurf als auch die Forderung nach mehr Personal und gleichzeitig mehr Geld zurück: „Bei höheren Löhnen können wir nicht auch mehr Stellen finanzieren“, so Michael Gekle, Dekan der Medizinischen Fakultät. Man könne nur das zahlen, was refinanziert wird. Einen Pflegenotstand verneint der Dekan: Die Patienten würden gut betreut, bei Arbeitsüberlastung würden Bettenkapazitäten geschlossen und Patienten an andere Kliniken verwiesen.

Um wie viel Geld es in den Tarifverhandlungen an der Uniklinik geht, macht Verdi-Verhandlungsführer Wolfgang Piper an dem Beispiel einer Krankenschwester fest, die acht Jahre im Dienst ist und aktuell pro Monat 3128 Euro Brutto-Grundgehalt bezieht. „Sie verdient 2019 rund 2800 Euro brutto im Jahr weniger, als wenn sie nach dem Tarifvertrag der Länder bezahlt werden würde. Schon die Jahreszahlung an der Uniklinik Halle ist etwa um 1600 Euro geringer.“ Ohne Tarifanpassung werde sie 2020 rund 4000 Euro im Jahr weniger verdienen als Kollegen an anderen Unikliniken mit TV-L; 2021 dann 4579 Euro pro Jahr.

Überstunden seien so niedrig wie in keinem anderen Krankenhaus in Halle. Die Uniklinik hat den nicht-ärztlichen Beschäftigten im Rahmen der laufenden Verhandlungen rückwirkend für 2019 fünf Prozent mehr Lohn angeboten. „Verdi spielt mit den Ängsten der Mitarbeiter. Es ist ein Spiel mit dem Feuer“, sagt Michael Gekle. Doch wie ist die Situation an den anderen Krankenhäusern der Stadt?

Auch das Dölauer Krankenhaus Martha Maria hat eine Art Haustarif, aber: „Es gibt keine Unterschiede - die Mitarbeiter in den Krankenhäusern von Martha-Maria in München und Nürnberg und Halle erhalten das gleiche Gehalt für die gleiche Arbeit“, so Geschäftsführer Markus Ebinger. Personalmangel gebe es auch in der Dölauer Klinik, etwa 20 Stellen seien in allen Bereichen offen. Die Personalengpässe haben auch Mitarbeiter bei einer Mitarbeiterbefragung angesprochen: „Belastungsspitzen sind erkennbar und werden mit den Abteilungen und den Mitarbeitern besprochen“, sagt Ebinger.

Elisabethkrankenhaus setzt auf Ausbildung von Fachkräften

Am Bergmannstrost werden seit mehr als zehn Jahren die gleichen Tarife wie im Westen gezahlt, sagt Kliniksprecher Christian Malordy. Der Haustarif der BG-Kliniken richte sich komplett nach den Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst der Länder. Personalmangel? „Eine Einschränkung von Betten-Kapazitäten aufgrund von Personalmangel war bislang nicht notwendig“, so Malordy. Neu sei aber, das Pflegekräfte mit „unseriösen Angeboten“ unter anderem auch von Zeitarbeitsfirmen abgeworben werden - wenngleich so mancher dann wieder zum Bergmannstrost zurückkehre.

Bei einer Evaluation unter den 1300 Mitarbeitern hätten insgesamt 80 Prozent angegeben, dass sie die Klinik als Arbeitgeber weiterempfehlen würden. Das Elisabethkrankenhaus entlohnt seine nichtärztlichen Beschäftigten ebenfalls nach Haustarif, „im Mittel 3 bis 4,5 Prozent weniger als in den westdeutschen Bundesländern“, sagt Kliniksprecher Jan-Stephan Schweda. Auch wenn es offene Stellen am Elisabethkrankenhaus gibt, so werden keine Leiharbeiter und Honorarkräfte beschäftigt. Vielmehr setze man auf die Ausbildung von Fachkräften in allen Bereichen. (mz)