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Peter Brock Peter Brock: Ein Schalk mit Sinn für scharfe Schnitte

Von Jan Wätzold 23.12.2001, 17:45

Halle/MZ. - Den beiden Beleuchtern der Defa-Studios in Potsdam-Babelsberg drohte der Drehtag vermiest zu werden. Manfred Krug, neben Dieter Wien der Star der aktuellen Produktion, wurde dringend in der benachbarten Hauptstadt gebraucht. Wie sollte es nun weitergehen? Ohne dritten Mann geriet die schon traditionelle Nachmittags-Skatrunde in Gefahr. Doch Krug - bekannt dafür, sich mehr um die Sorgen der namenlosen Helfer als um die Allüren der berühmten Kollegen zu kümmern - wusste Rat. Kurz entschlossen ernannte der Lieblings-Prolet des DDR-Kinopublikums den gerade zwölf Jahre alten Peter Brock zu seiner Vertretung. Der Junge, im Kassenschlager "Käuzchenkuhle" einer der drei Kinderstars, hatte den Skatbrüdern seit Monaten neugierig über die Schultern geschaut. "Komm Peter, zeig den Jungs mal, was du gelernt hast." Mit diesen Worten verschwand Krug in Richtung Berlin.

Für Brock blieben jene Frühlingstage des Jahres 1969 prägend. Fortan galt der Hallenser als gefürchteter Kartenspieler und eine Zeit lang als hoffnungsvolles Nachwuchstalent des DDR-Films. Mit Rollen im Märchen-Klassiker "Dornröschen" und im Streifen "Der rote Reiter" folgten dennoch nur noch zwei Auftritte vor den Defa-Kameras. Es wären wohl mehr geworden, wenn sich Brock nicht zwischenzeitlich entschieden hätte, "etwas Vernünftiges" zu lernen. Was dem mittlerweile 44-Jährigen heute als "kurzer Irrweg in den normalen Berufsalltag" gilt, erfreute damals besonders seine Eltern. Vater Georg, bis 1989 Pädagoge und Cheftrainer des SC Chemie Halle, und Mutter Ruth, ebenfalls bis zur Wende in der Volksbildung beschäftigt, waren glücklich, als ihr Ältester nach erfolgreichem Abitur an der Adolf-Reichwein-Schule und Armeezeit ein Lehrerstudium absolvierte.

Doch der Traum vom geregelten Berufsalltag platzte, als Peter Brock gemeinsam mit Bruder Volkhard und Thomas Wittenbecher 1985 beim Chanson-Festival in Frankfurt/Oder auftraten. Als Gruppe "Notentritt" hatten es die drei Hallenser schon seit 1981 zu nationaler Anerkennung gebracht. Weil ihnen aber erst aufgrund ihres Erfolgs in Frankfurt der in der DDR heiß begehrte Künstler-Berufsausweis hinterher geworfen wurde, war Brock zu einer grundsätzlichen Entscheidung gezwungen. "Nicht leichten Herzens" quittierte er nach vier Jahren seinen Job als Biologie- und Sportlehrer an der Trothaer Hanns-Eisler-Schule - und kehrte in die Garde der Wiens und Krugs zurück.

Dort hat es sich Brock bis heute nicht zur Freude tausender Notentritt-Fans bequem unbequem gemacht. Nachdem es die Truppe im September 1989 mit der Erstunterzeichnung der "Resolution des Komitees für Unterhaltungskunst" für eine Demokratisierung der DDR auf die Internierungsliste der Stasi und in die absolute Spitze der Beliebtheits-Hitparade der Kleinkunstfreunde geschafft hatte, ist das Trio zwar nur noch selten unterwegs. Mit anderen Projekten aber zeigt Halles kreativstes Chamäleon seit zehn Jahren Dauerpräsenz. Mit dem "Kindercirkus Ach Quatsch" etwa sind Brock und seine Notentritt-Gesellen jeweils im Dezember auf Ost-Tournee. Allein in diesem Jahr standen die musizierenden Komödianten mit dem Programm "Der Hirsch mit dem goldenen Geweih" 30 Mal auf Bühnen zwischen Kap Arkona und Fichtelberg. Als Cab Calloway moderiert Brock außerdem regelmäßig die Konzerte der Good Ol'' Bluesbrothers Boys Band.

Seine Paraderolle aber gibt der passionierte Billard-Spieler, der 1997 sogar einmal gegen Weltmeister Raymond Ceulemans gewonnen hat, alljährlich am 25. und 26. Dezember beim Weihnachtssingen des Objekt 5. Wer ihn schon einmal als Gefängnischef, Raumschiff-Commander oder Märchenonkel erlebt hat, mag kaum glauben, dass Brock die Zwischentexte zum bizarren Singsang jeweils erst Heiligabend zurechtbastelt. Aber der Schalk mit Sinn für scharfe Schnitte schwört es "bei allem, was mir heilig ist". Was das denn sei? "Meine Frau, meine Kinder, meine Eltern und die Kunst."