Oma gegen Rechts Oma gegen Rechts: Warum sich eine 68-Jährige beim Aktionsbündnis engagiert

Halle (Saale) - Beim Speeddating kommt es darauf an, in möglichst kurzer Zeit das Gegenüber gut kennenzulernen. Das scheint bei Gertrud Graf und der jungen Frau ihr gegenüber gut zu funktionieren. Die beiden sitzen sich im Café „Koffij“ in der Leipziger Straße gegenüber und sprechen über ihre Erfahrungen auf politischen Demos, obwohl sie sich erst seit wenigen Minuten kennen.
Mitglied von „Omas gegen Rechts" kommt nach Halle zum netzwerken und austauschen
Die 68-jährige Gertrud Graf ist aktiv in der Gruppe „Omas gegen Rechts“ in Berlin. Am Freitag ist sie nach Halle zum „Open Transfer Camp“ gefahren, um sich mit anderen gesellschaftlich aktiven Menschen zu vernetzen und auszutauschen. Als Workshop bietet sie dort deshalb ein „Speeddating mit einer Oma“ an.
„In meinem Alter habe ich jetzt den Freiraum, mich intensiv für die Gesellschaft einzusetzen“, sagt Graf. Gemeinsam mit anderen Senioren läuft sie bereits seit einigen Monaten auf vielen Demonstrationen gegen Rechtsradikalismus in ganz Deutschland mit und engagiert sich für eine offene Gesellschaft.
150 Menschen kamen für Gespräche, Speeddatings und Workshops zum Aktionsbündnis
Beim Speeddating möchte sie allerdings keinen neuen Partner fürs Leben finden, sondern einfach nur ihre Erfahrungen mit anderen Menschen teilen. Zum Beispiel mit jenen aus den 1960er- und 70er-Jahren, als Gertrud Graf mit vielen anderen sogenannten „68ern“ auf die Straßen gegangen war. Sie habe, als sie selbst noch jung war, viel zu selten mit den damals alten Menschen geredet, sagt sie.
Weil sie das heute bereut, geht sie nun aktiv auf junge Menschen zu und tauscht sich mit ihnen über Politik aus. „Der Kontext der Zeit ist ungeheuer wichtig, um den eigenen Standpunkt zu verstehen“, sagt sie. Für Gespräche, Speeddatings und Workshops beim „Open Transfer Camp“ sind rund 150 Menschen ins „Koffij“ gekommen. Sie alle engagieren sich haupt- oder ehrenamtlich in Vereinen, Initiativen und Bündnissen.
Aktionsbündnis und Projekt machen in Halle zum ersten Mal Station
Organisiert wird die Veranstaltung von der Berliner Stiftung Bürgermut, die seit 2012 mehrmals im Jahr in vielen deutschen Großstädten Transfer Camps zu unterschiedlichen Themen startet. In Halle macht das Projekt zum ersten Mal Station.
Das Motto lautet „#Zusammenhalt - gemeinsam geht’s besser“. „Wir haben mit Absicht ein nicht so wissenschaftliches Format gewählt, damit wir näher an den Menschen dran sind“, sagt Katarina Peranic, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Stiftung.
Die Teilnehmer sollen möglichst viel voneinander lernen und können deshalb die Formate und Themen selbst gestalten. Aus Halle dabei waren unter anderem auch Fridays for Future, die Bürgerstiftung und die Freiwilligenagentur. (mz)