Nach sechs Jahren Zwangspause Nach sechs Jahren Zwangspause: Die Galopper sind auf den Passendorfer Wiesen zurück

Halle (Saale) - Das Foto vom 31. Oktober 2013 zeigt den Zieleinlauf beim Großen Preis des Gestüts Röttgen auf der Galopprennbahn in Halle. Im Hintergrund ist die voll besetzte Tribüne zu sehen, davor stehen die Zuschauer dicht gedrängt direkt am Geläuf. Was damals noch keiner wusste: Es sollte für lange Zeit der letzte Renntag auf den Passendorfer Wiesen gewesen sein.
Das Saalehochwasser hatte die Bahn im Juni 2013 überflutet und schwere Schäden hinterlassen. Sechs Jahre später ist das sanierte Tribünengebäude fertig, das Geläuf erneuert, das Drumherum wie der schmucke Totalisator teils neu aufgebaut. Zugleich endet am Reformationstag die Durststrecke für alle Fans des Pferderennsports. Die Galopper sind zurück.
Höhepunkt wird das mit 37.000 Euro dotierte BBAG-Auktionsrennen
„Für uns ist der Tag eine Art Wiedergeburt“, sagt Andreas Neugeboren, Vizepräsident im Rennclub Halle. 11 Uhr öffnen am 31. Oktober die Tore; 11.45 Uhr wird das erste von acht Rennen gestartet. Höhepunkt wird das mit 37.000 Euro dotierte BBAG-Auktionsrennen. Gemeldet worden sind dreijährige Pferde, die zuvor bei Auktionen vorgestellt worden sind. Die Stars im Feld sind „Amiro“ aus München und die Stute „Freedom Rising“ aus einem Rennstall in Mühlheim an der Ruhr. Insgesamt werden in den acht Rennen 90 bis 95 Pferde auf den Wiesen erwartet.
Dass der neue Rennclub-Präsident Matthias Tandler aus dem sächsischen Gestüt in Graditz bei Torgau stammt, kann man als gutes Omen werten. Am 10. Juni 1868 hatte der Sächsisch-Thüringische Pferdezuchtverein in Halle das erste offizielle Pferderennen ausgerichtet, damals noch auf dem Exerzierplatz in der Nähe des Rossplatzes. Mitbegründer des Vereins war Graf Lehndorff, 40 Jahre Chef im Gestüt Graditz.
„Insofern ist diese Konstellation schon eine interessante Parallele“
„Insofern ist diese Konstellation schon eine interessante Parallele“, sagt Tandler (53), der in Graditz die Vollblutzucht mittlerweile alleine als Geschäftsführer leitet. Dass er sich in Halle jetzt ehrenamtlich engagiert, „hat natürlich etwas mit der Tradition dieser Anlage zu tun“, wie er sagt. Und wenn Bund, Land und Stadt so viel Geld in die Hand nehmen, um die traditionsreiche Rennbahn nach dem Hochwasser wieder flott zu machen, „dann können wir uns nicht aus der Verantwortung stehlen“.
Dass am Reformationstag tatsächlich wieder ein Renntag unter vernünftigen Bedingungen auf den Passendorfer Wiesen stattfinden kann, war im Sommer keineswegs klar gewesen. Die Trockenheit hatte dem Geläuf schwer zugesetzt. „Es ist aber beeindruckend gewesen, wie in den vergangenen Monaten alle an einen Strang gezogen haben. Die Stadt hat uns großartig unterstützt“, sagt Neugeboren. Im Ergebnis befinde sich die Bahn im besten Zustand seit Ewigkeiten.
In den 1990er Jahren kamen bis zu 8.000 Zuschauer pro Renntag
2020 plant der Rennclub bereits drei Renntage: in der Osterzeit, an einem Freitagabend zu den Händelfestspielen und wieder am 31. Oktober. Dazu soll es auf der Bahn Musikkonzerte (unter anderem kommt Bosse, ein internationales Drachenfest und auch wieder die „Highland Games“ als viertägiges Spektakel geben. Der Rennclub hofft zudem, dass die Passendorfer Wiesen ihre alte Strahlkraft entwickeln können. In den 1990er Jahren kamen bis zu 8.000 Zuschauer pro Renntag auf die Anlage.
Unterdessen plant das Bündnis „Vegan in Halle“ ab 10.30 Uhr eine Kundgebung an der Pferderennbahn. „Wir wollen auf das Leid, welches durch Galopprennen verursacht wird, aufmerksam machen“, heißt es in einer Erklärung. Präsident Tandler weist die Kritik zurück. „Überall in Deutschland, wo Pferderennen veranstaltet werden, gibt es solche Protestaktionen. Ich kann nur versichern, dass für uns als Verein und für alle Akteure das Tierwohl und der Tierschutz an erster Stelle stehen.“ Man werde nicht zulassen, dass die Kundgebung den Ablauf störe.
Außer in Halle wird es kein weiteres Rennen in der Republik geben
Der Eintritt zum ersten Renntag kostet Erwachsene zehn Euro, ermäßigt sieben Euro. Kinder bis 14 Jahre zahlen nichts. Der Rennclub rät zur Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Parkplätze vor Ort sind rar wie früher.
Das Ereignis hat im Galoppsport auch bundesweite Bedeutung. So haben mehrere Mitglieder aus dem Vorstand des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen, der wichtigsten Instanz für Galoppsport in Deutschland, ihr Kommen angesagt. Und noch eine Besonderheit hat der 31. Oktober: Außer in Halle wird es kein weiteres Rennen in der Republik geben. Die große Bühne ist für die Passendorfer Wiesen bereitet. (mz)

