Nach Schließung am August-Bebel-Platz Nach Schließung am August-Bebel-Platz: Ist "Späti"-Besitzer nur ein Bauernopfer?

Halle (Saale) - Farouk Cagac sitzt zwischen seinem Kiosk und dem Cafe „Wolkenkucksheim“ am August-Bebel-Platz, nippt an seinem Kaffee und raucht eine Zigarette. Seit mehr als einer Woche hängt an der Eingangstür seines „Spätis“ ein roter Zettel mit der Aufschrift: „Diese bauliche Anlage ist amtlich versiegelt. Betreten verboten.“
Grund für die Schließung ist offenbar ein fehlendes Schallschutzgutachten. Das Bauamt hatte den Späti-Besitzer Ende Juni daraufhingewiesen. Cagac suchte das Gespräch mit seinem Vermieter, einer Hausverwaltung aus Leipzig, um einen Antrag für das Gutachten zu stellen. Doch die Hausverwaltung reagierte laut Cagac eine Zeit lang nicht, so dass sich der Antrag in die Länge zog. Gegenüber der MZ möchte sich die Hausverwaltung zu dem Thema nicht äußern. Cagac hat mittlerweile über ein Architekturbüro in Dessau ein Gutachten erstellen lassen und an die Stadt weitergeleitet.
„Zu laufenden Verfahren gibt die Stadt keine Auskunft.“
In einer Anfrage der MZ vom 18. September begründete Angelika Foerster, Leiterin des Fachbereichs Bauen, die Schließung des Ladens damit, dass keine baurechtliche Genehmigung vorliege. „Hierzu muss ein entsprechender Bauantrag gestellt werden.“ Eine Woche später, am 25. September, heißt es von Seiten der Stadt auf einmal, dass Cagac keine Nutzungsgenehmigung für seinen Kiosk hätte. Auf die Frage, warum er ein Schallschutzgutachten benötigt, schreibt Foerster: „Zu laufenden Verfahren gibt die Stadt keine Auskunft.“
Cagac tappt im Dunkeln. Er versuchte einiges, um die Stadt zufriedenzustellen. Auf Anraten seines Anwalts nahm er alle alkoholischen Getränke aus dem Sortiment. Dann schloss er sein Geschäft bereits um 22 Uhr, statt um 24 Uhr. Das Bauamt schob dennoch dem Kiosk den Riegel vor. Cagac fühlt sich ungerecht behandelt: „Ich vermute, dass der Druck der Anwohner wegen der Lautstärke zu groß war.“ Ist Cagac nur ein Bauernopfer?
Späti steckt mittendrin im Lärmstreit um den August-Bebel-Platz
Unstrittig ist, dass der Späti mittendrin steckt im Lärmstreit um den August-Bebel-Platz. Doch welche Rolle er dabei spielen soll, ist völlig unklar. Fakt ist: Seit ein paar Monaten gibt es eine Diskussion rund um den Platz. Viele Anwohner stört der Lärm der Jugendlichen, die spät nachts auf dem Platz sitzen, trinken, Musik hören. Zu der Zeit hat der Späti von Cagac schon lange geschlossen, dennoch gaben manche Anwohner dem Späti indirekt eine Mitschuld. Andere wiederum sagten, der Späti trage keine Schuld.
Cagac sagt, er habe sein Geschäft ordnungsgemäß beim Gewerbeamt angemeldet und eine Genehmigung erhalten. Im April dieses Jahres eröffnete sein Späti. Cagac ist nicht neu in dem Geschäft. Er besitzt weitere Läden in Halle, etwa das „El Faruk“ in der Ludwig-Wucherer-Straße, dieses Jahr eröffnete er im Steinweg ein weiteres Restaurant. Doch Probleme mit der Stadt habe er nie gehabt.
„Andere Kioskbesitzer benötigen das Gutachten nicht“
„Ich musste mich noch nie um ein Schallschutzgutachten kümmern. Ich verstehe das nicht. Andere Kioskbesitzer benötigen das Gutachten nicht“, sagt er. Da das Bauamt zu dem Verfahren schweigt, bleibt unklar, warum Cagac ein Schallschutzgutachten für seinen Laden benötigt. Er sagt, dass es um die Lautstärke gehe, wenn die Kunden in seinen Laden rein- und wieder rausgehen. Vor dem Kiosk stehen keine Tische oder Bänke zum Verweilen. Die Leute sitzen auf einem öffentlichen Platz. „Es kommen ja auch Jugendliche, die ihre Getränke mitbringen“, sagt Cagac.
Ein weiterer Streitpunkt ist der angehäufte Müll, den die Jugendlichen auf dem Platz nach dem Feiern hinterlassen. Auch hier wurde dem Späti eine Mitschuld gegeben. Die Mitarbeiter vom „Wolkenkuckucksheim“ und vom Späti hatten abwechselnd morgens Tonnen vor die Tür gestellt und den Müll eingesammelt. Das bestätigt eine Mitarbeiterin vom „Wolkenkuckucksheim“ der MZ.
Cagac weiß nicht, ob er seinen Späti wieder eröffnen wird, obwohl er mit dem Gutachten „gute Karten“ hätte. „Es kann drei Monate dauern, bis das Gutachten vom Bauamt bestätigt wird.“ So lange muss er die Miete von 1 428 Euro mindestens zwei Jahre weiterzahlen. Hinzu kommen Kosten für Anwalt und Gutachten. Insgesamt rund 10.000 Euro. Die fehlenden Einnahmen nicht einberechnet. (mz)
