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Neuer Ärger um Steine Nach Kritik: Halles Stadtverwaltung will umstrittene Schüttungen am Saaleufer genauer unter die Lupe nehmen

Nach der Kritik von Wissenschaftlern beklagen nun auch Umweltaktivisten die Steinschüttung am Saaleufer. Welche Verantwortung hat der Stadtrat?

Von Jonas Nayda Aktualisiert: 04.11.2021, 10:58
Blick auf das Ufer der Saale am Amselgrund gegenüber der Ziegelwiese: Dort haben die aufgeschütteten Steine für viel Ärger gesorgt.
Blick auf das Ufer der Saale am Amselgrund gegenüber der Ziegelwiese: Dort haben die aufgeschütteten Steine für viel Ärger gesorgt. Foto: Silvio Kison

Halle (Saale)/MZ - Das in weiten Teilen mit Steinen zugeschüttete Ufer der Saale sorgt in Halle weiter für Aufregung. Inzwischen beschäftigt sich auch die Kommunalpolitik mit den rötlichen Porphyr-Brocken, die auf einer Strecke von mehreren hundert Metern entlang der Saale aufgeschüttet wurden, unter anderem auf der Peißnitzinsel und am Amselgrund. Immer mehr Stadträte fordern Aufklärung und die Rufe nach Rückbau werden lauter. Die Stadtverwaltung will nun auf die Kritiker zugehen und zudem die Baumaßnahme tiefergehend überprüfen.

„Der Anblick ist katastrophal“: durch Steinschüttungen viel an Lebens- und Erholungsqualität verloren

Grundsätzlich sei gegen Baumaßnahmen, die Flutschäden beseitigen und das Ufer stützen, nichts einzuwenden, sagt Grünen-Stadtrat Wolfgang Aldag. „Aber an vielen Stellen am Saaleufer sehe ich dafür gar keinen Grund.“ Vor allem in den Bereichen, wo sich seltene Pflanzen und auch Tiere angesiedelt hätten, habe die neuerliche Steinschüttung möglicherweise sogar mehr Schaden angerichtet als das Hochwasser aus dem Jahr 2013, sagt Aldag.

„Der Anblick ist katastrophal“, sagt Andreas Wels, Fraktionsvorsitzender von Hauptsache-Halle & Freie Wähler. Der Amselgrund, laut Wels „einer der schönsten Orte unserer Heimatstadt“, habe durch die Steinschüttungen viel an Lebens- und Erholungsqualität verloren. Bei den Verantwortlichen fehle „einmal mehr das notwendige Augenmaß“. In Zukunft müsse behutsamer vorgegangen werden, sagt Wels. Aber auch jetzt sieht er schon Handlungsbedarf. „Wenn bei der Schotterung des Saaleufers über das Ziel hinausgeschossen wurde, muss gehandelt werden.“

Kommentar: Jonas Nayda sieht auch die Stadträte in der Pflicht.

„Schadhafte Schüttungen“ auf rund 18.000 Quadratmetern

Fraglich ist, welche Verantwortung der Stadtrat für die Baumaßnahme hat. Im Jahr 2019 war einstimmig der Baubeschluss der sogenannten Fluthilfemaßnahme Nummer 198 „Uferbefestigung der Saale, Anteil Böschungsbefestigung“, verabschiedet worden. Damals war von „schadhaften Schüttungen“ auf rund 18.000 Quadratmetern die Rede, die instandgesetzt werden sollten. Die Bereiche erstrecken sich über knapp 15 Kilometer Saale, die durch Halle fließen.

Laut Wolfgang Aldag seien damals im Stadtrat jedoch einzig „Entwurfspläne“ beschlossen worden, die nur eine grobe Übersicht geben. Die tatsächlichen Ausführungspläne erarbeitet der zuständige Fachbereich der Stadtverwaltung später eigenständig. „Das ist ganz klar ein Fehler im System, weil wir die Ausführungsplanung nicht noch einmal vorgelegt bekommen“, so Aldag.

Nach Kritik: Stadtverwaltung will umstrittene Schüttungen am Saaleufer genau unter die Lupe nehmen

Erst hinterher Akteneinsicht zu beantragen, komme häufig zu spät. Auch Andreas Wels sieht die Verantwortung nicht alleine beim Stadtrat. Es sei fraglich, ob das Ausmaß der jetzt vorgenommenen Schotterung am Ufer tatsächlich dem Stadtratsbeschluss von 2019 entspreche. Halles Bürgermeister Egbert Geier (SPD) will die Bedenken der Kritiker aufnehmen. Am vergangenen Wochenende war er auch bei einem Termin mit Umweltschützern im Amselgrund.

„Die Stadt nimmt die kritischen Hinweise ernst“, sagt er auf MZ-Anfrage. Aktuell werde im Geschäftsbereich Stadtentwicklung und Umwelt die Durchführung und die Umsetzung des vom Stadtrat verabschiedeten Baubeschlusses geprüft. Die Ergebnisse dieser Prüfung wolle man der Öffentlichkeit und dem Rat „zeitnah“ mitteilen.

Außerdem habe der Beigeordnete für Stadtentwicklung, René Rebenstorf, ein Gesprächstermin mit Einwohnern vereinbart. Vor zwei Wochen hatten mehrere hallesche Wissenschaftler, darunter Prof. Helge Bruelheide vom Institut für Biologie und Geobotanik einen Baustopp am Saaleufer erwirkt, weil die Steine möglicherweise Naturschutzgebiet zerstören.