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MZ im Gespräch mit «Wetterfrosch» Jurik Müller MZ im Gespräch mit «Wetterfrosch» Jurik Müller: Ostwind frischt Silvester auf

30.12.2003, 16:43

Halle/MZ. - Wetterkunde ist eine Wissenschaft mit Unsicherheitsfaktor. Das macht ihren besonderen Reiz aus. MZ-Redakteur Ralf Böhme sprach darüber mit dem Meteorologen Jurik Müller von Wetterstation in Halle-Kröllwitz des Deutschen Wetterdienstes.

Müssen sich die Hallenser warm anziehen, wenn sie ihre Silvesterfeier vor die Haustür verlegen?

Jurik Müller: Ja, denn der böige Wind aus östlichen Richtungen frischt weiter auf. Damit sinkt vor allem die gefühlte Temperatur. Flockenwirbel und Nachtfrost um minus 10 bis minus 15 Grad - wie vor einem Jahr - sind aber nicht zu erwarten. Die Finger werden also nicht gleich klamm, wenn die Raketen angezündet werden sollen.

Wer dennoch friert, kann sich trösten, dass es schon viel härtere Winter gegeben hat?

Jurik Müller: Das stimmt. Die Temperaturmessungen, die in Halle seit 1851 erfasst werden, belegen es. Ich registriere die Werte seit 1973 in Kröllwitz. Minus 27 Grad, das war im Februar 1987, sind mein persönlicher Frostrekord. So etwas ist dann tatsächlich ein Hundewetter, denn die Vierbeiner leiden unter diesen arktischen Temperaturen und jaulen deshalb auch ganz jämmerlich.

Dass klingt so, als würde ihnen der Sommer besser gefallen?

Jurik Müller: Nein, ganz im Gegenteil. Ich bin als gebürtiger Thüringer sogar ausgesprochen empfänglich für die Reize des Winters. An unserer Station, die hoch über dem Saaletal im Grünen liegt, kann man Eis und Schnee besonders gut erleben. Ich genieße das. Nicht zufällig fährt die Familie immer wieder im Winter ins Erzgebirge, in Gegend von Seiffen.

Trotzdem, der Jahrhundert-Sommer ist vielen noch in Erinnerung. Bleibt das auf längere Sicht einmalig?

Jurik Müller: Trockenheit und Hitze-Werte waren in jeder Hinsicht selten, so dass eine baldige Wiederholung nicht sehr wahrscheinlich ist. Andererseits erlauben Wetter-Modelle die Schlussfolgerung, dass es künftig zu mehr Kapriolen kommen könnte. Warten wie es ab. Wie die Politik ist das Wetter nur schwer berechenbar, aber jähe Wendungen sind jederzeit möglich. Wenn wie im vergangenen Juli die Sonne fast 300 Stunden lang scheint, steigen die Temperaturen natürlich auf Rekordmarken von 37 Grad und mehr.

Ihr Fachgebiet ist die Voraussage für die Landwirtschaft. Da drängt sich die Frage auf: Was ist dran an den alten Bauernregeln?

Jurik Müller: Es sind Resultate einer Wetterbeobachtung, die Erfahrungen aus Jahrhunderten verarbeitet. Die Entwicklung der Wetterabläufe ist aber zu vielfältig, als das es für alle Fälle eine passende Regel gebe. Dennoch. Es ist ein Fundus, der Beachtung verdient. Ich beschäftige mich in meiner Freizeit mit solchen Regeln, die von Laien mitunter auch nicht gleich richtig verstanden werden. Manchmal versuche ich mich an Übersetzungen. Irgendwann schreibe ich dazu ein Buch. Die ersten Manuskriptseiten sind schon fertig. Einen Verlag suche ich aber noch.

Als Service für alle, die noch keinen Silvester-Karpfen haben: Wie beißen die Fische?

Jurik Müller: Als begeisterter Angler weiß ich, dass Zusammenhänge zwischen ausgewählten Wetterbedingungen und der Beißlust von Fischen bestehen. Genaue Auskunft gibt der von mir entwickelte Angelwetterbericht. Der Deutsche Wetterdienst in Offenbach bietet diesen Service inzwischen für 63 deutsche Regionen an.