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"Monkey Island" in Halle "Monkey Island" in Halle: Pirat mit spitzer Zunge

Von Mike Händler 19.10.2014, 14:54
Hauptdarsteller Martin Sommer hängt sich richtig rein, in die die Rolle des Piraten.
Hauptdarsteller Martin Sommer hängt sich richtig rein, in die die Rolle des Piraten. Markus Scholz Lizenz

Halle (Saale) - Ein „messerscharfer Verstand“ sticht besser als ein Schwert. Das bekommt Piraten-Anwärter Guybrush Threepwood im Fechtunterricht als Weisheit auf den Weg, mit der er seine kommenden Abenteuer meistert. Statt mit scharfer Klinge zu agieren, beleidigt er fortan mit spitzer Zunge seine Kontrahenten - bis diese schließlich entnervt aufgeben. Amüsant und vorbildhaft gewaltfrei ist das ganz gewiss.

Die hallesche Kulturreederei feierte Premiere mit der Inszenierung „Monkey Island“, die auf dem gleichnamigen Computer-Adventure aus den 90er Jahren basiert. Mit viel Aufwand und Akribie präsentieren die Künstler ein ideenreiches und humoristisches Stück auf der Bühne des ausverkauften Studios am Waisenhausring.

Regisseur Martin Kreusch nutzt den Kultfaktor Wortwitz der Abenteuer-Reihe weidlich aus. Das kommt gut an beim Publikum. Genauso wie die Adaption von Eigenheiten eines Computerspiels auf einer Theaterbühne: So hat Guybrush das für Adventure typische Inventar, das auf der Bühne in einem Schrank aufbewahrt und bei Bedarf genutzt wird. Für zahlreiche Lacher im Saal sorgen die Schauspieler mit den imitierten Bewegungen der virtuellen Figuren, die sich damals noch recht eckig auf dem Monitor bewegten. Und natürlich fehlen nicht die stets einsilbig antwortenden Figuren, die einen Daddler schier zur Verzweiflung bringen konnten.

Erzählt wird die Geschichte des jungen Guybrush Threepwood, der unbedingt Pirat werden will. Inmitten der wilden Freibeuter-Szene erlebt er viele fantastische Abenteuer. Doch so richtig passt der naive und oft tollpatschige Piraten-Novize nicht in die Welt voller Grog saufender und Tattoo geschmückter Seebären. Schauspieler Martin Sommer verleiht der Hauptfigur glaubwürdig diese Eigenschaften. Mit sichtbarer Spielfreude überzeugt das gesamte Ensemble, das in die Rollen der teils sehr skurrilen Gestalten von „Monkey Island“ schlüpft.

Dank einer aufwendigen Kulisse und mit detailverliebten Kostümen zeigen sich die berüchtigten Piraten der Südsee in einem stimmigen Ambiente. Die Drehbühne ermöglicht ein schnelles und wandlungsfähiges Spiel. Zahlreiche Requisiten und großflächige, angestrahlte Leinwände ergänzen und bereichern die Handlung.

Als Zuschauer fühlt man sich in jede Szene involviert. Nicht zuletzt liefert die originalgetreue Musik, auf dem E-Piano von Markus Liebscher vorgetragen, einen virtuosen Beitrag dazu. Selbst das Publikum erweist sich als Experte in Sachen „Monkey Island“. Auf die Frage von Guybrush an die Zuschauer, welches Inventar er denn nutzen solle, um einen grünköpfigen

Troll zu überwinden, kommt

ohne Zögern ein sachkundiger Hinweis, der genau ins Schwarze trifft.

„Monkey Island“ funktioniert vortrefflich als Theaterstück. Stets spürt man der Inszenierung den Respekt der Macher vor einem Meilenstein der Computerspiel-Geschichte an. Man kann diese Adaption als eine Hommage an eine neue Kunstform verstehen, die mit einer weitaus älteren verschränkt wird. Der halleschen Kulturreederei gelingt mit den Abenteuern des Guybrush Threepwood eine kreative Versuchsanordnung, die das gewünschte Ergebnis bringt.

Der langanhaltende und verdiente Applaus am Ende der Vorstellung zeugt eindrücklich davon. Die Saalestadt ist fortan um eine Attraktion reicher und kann sich weiter am Piraten mit der spitzen Zunge erfreuen. (mz)