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Mehr als nur ein Quantum Trost

Von DETLEF FÄRBER 12.11.2008, 19:07

HALLE/MZ. - Dies galt zumindest, bis sich der hallesche Künstler Burghard Aust des Themas Trostpflaster angenommen hat, um daraus so etwas wie eine eigene Kunstform zu entwickeln. Schon zum zweiten Mal hat er mit seinen Schülern vom Kunstspezialzweig des Wettiner Burggymnasiums ein Projekt an einem Ort gestemmt, wo ein Quantum Trost - und mehr als das - besonders nötig ist: in der Unfallchirurgie der Kröllwitzer Uni-Klinik.

Die Trostpflaster der Aust-Brigaden sind alles andere als klein. Sie sind großformatig und buchstäblich raumgreifend. Nachdem seine Kunstklasse zuletzt die Unfallambulanz ausgestaltet hatte, war nun die Station an der Reihe. Insbesondere Patienten mit Sportverletzungen wird hier so schnell wie möglich wieder auf die Beine geholfen. Doch vor solchen beschwerlichen Neustarts mittels diverser Therapien steht stets eine oft schwierige Operation und ein abruptes Ende vieler Hoffnungen - und die trostbedürftige Gewissheit, dass man kurz- oder mittelfristige Ziele erst mal vergessen kann.

Um gerade die Sportpatienten nach all den geplatzten Träumen rasch wieder zu motivieren und zu mobilisieren, ist auf deren Seite natürlich Optimismus nötig. Dafür, ihn zu wecken, taugt das übliche kühle Krankenhaus-Ambiente aber wenig. Deshalb, so Chefarzt Kay Brehme, gehöre für ihn und sein Team diese neue, ungewöhnliche Gestaltung der Patientenzimmer und Stationsräume eigentlich schon zum Therapiekonzept. Weil Brehme, sein Oberarzt Rüdiger Neef und einige ihrer Kollegen nebenbei auch als Mannschaftsärzte erfolgreicher hallescher Ballsportteams fungieren, wissen sie, dass körperliche Verletzungen immer auch mehr oder minder aufs Gemüt durchschlagen. Und für eben dieses Gemüt haben Aust und seine Schüler nun Heilsames zu bieten. Sie wissen inzwischen, wie die Bilder heilen helfen. "Unsere Devise lautete: Alles außer rot und schwarz", erläutert Aust. Denn aufwühlendes Rot und niederschmetterndes Schwarz würden ja nur jene die Verfassung der Patienten spiegeln - statt zu ihrer Überwindung beizutragen. Unterschwellig zuversichtlich wirkt dann folglich auch die Symbolik von vielem, das sich über die Wände und oftmals bis auf die Decken der Räume erstreckt. Ein steil nach oben ragender Pfeil etwa reckt sich umso deutlicher aus einer grauen Wand im Aufenthaltsraum empor. Konturen von Pferden und Reitern muntern auf den Fluren auch zum inneren Aufgalopp in Richtung neuer Ziele. Und gleich ein ganzer Haufen herrenloser Schuhe - Turn-, Schlitt- und Wanderschuhe - mahnen die Patienten auf freundliche Weise, die innere Talfahrt zu beenden und sich - jeder auf seine Weise - wieder auf die Socken zu machen.

Das die poppige Gestaltung der Klinik freilich auch ein Risiko fürs Heilungstempo birgt, ließ am Mittwoch bei der Abschlusspräsentation des Projekts ein Patient durchblicken: "Das sieht so toll aus, da will man hier gar nicht mehr weg."