Marode Häuser Marode Häuser: Wenn's nebenan bröckelt

HALLE/MZ. - So auch Gabriele Rosche: "Wir wohnen seit fünf Jahren neben dem abrissreifen Mehrfamilienhaus Reilstraße 101 und haben damit massive Probleme", berichtete sie der MZ. Das Dach des leeren Gebäudes könne man nicht als solches bezeichnen, es regne bis in den Keller durch. "Alle Decken sind eingebrochen. Im gesamten Gebäude gibt es Hausschwamm, wenn er nicht wegen zu starker Nässe an manchen Stellen schon ersoffen ist", sagte sie.
Inzwischen sei die Feuchtigkeit auch bis in ihr Haus vorgedrungen: "Nach mühevoller Renovierung haben wir in den zum Nachbarhaus angrenzenden Räumen Nässeschäden festgestellt. Die Wohnungen sind nicht vermietbar", so Rosche. Mehrfach habe sie versucht, mit den Eigentümern der Ruine - einer elfköpfigen Erbengemeinschaft - eine Lösung zu finden und sogar angeboten, das marode Haus selbst zu kaufen und zu sichern. "Doch bislang ist alles gescheitert. Auch Kontrollen des Ordnungsamtes haben keine Lösung gebracht."
Und das wird offenbar so bleiben. Denn den Rathausmitarbeitern seien laut Ria Steppan vom Presseamt die Hände gebunden. "Von der Reilstraße 101 geht keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus. Das Gebäude wird durch das Bauordnungsamt regelmäßig kontrolliert", sagte sie. Rechtlich könne erst eingeschritten werden, wenn Gefahr bestehe. "Es gibt keine Regelung, Eigentümer zu zwingen, ihre Häuser zu sanieren. Den Nachbarn bleibt nur die Möglichkeit, zivilrechtlich gegen die Eigentümer vorzugehen." Gabriele Rosche reicht das nicht aus: "Es fühlt sich niemand verantwortlich."
Mehr Engagement der Behörden erwarten ebenfalls Anwohner anderer Stadtteile - wie zum Beispiel im Paulusviertel, wo an der Ecke Willy-Lohmann-Straße / Ludwig-Wucherer-Straße ein abrissreifes Haus steht. "Es riecht förmlich nach Verfall. Man muss Angst haben, dass einem ein Stück Mauer auf den Kopf fällt", sagte ein Anwohner, der seinen Namen nicht nennen wollte. Und ein Bewohner der Bernhardystraße in der südlichen Innenstadt meinte: "In unserem Viertel muss man aufpassen, dass man an leer stehenden Häusern nicht erschlagen wird."
Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados (SPD) hatte jüngst in einem MZ-Interview Vorwürfe der Untätigkeit gegen die Verwaltung zurückgewiesen. So sagte sie in Bezug auf die kritische Situation am Eckhaus Max-Nenke- / Grellstraße in Kröllwitz, dass die Stadt mit dem Hauserben in Verbindung stehe und ihn angemahnt habe, den unhaltbaren Zustand zu beenden.
Davon ist Susanne Rochow von der Immobilienverwaltung "Immo-Effect" nicht überzeugt: "In unserem Bestand befindet sich das Haus Grellstraße. Fenster und Türen stehen bei Wind und Wetter offen, die Fassade bröckelt, es dringt Feuchtigkeit über dieses Haus in das Nachbargebäude", so Rochow. Das Sicherheitsnetz an dem Eckhaus ist beschädigt (die MZ berichtete). Rochow: "Die Stadt wurde um Hilfe gebeten. Jedoch ohne Erfolg." In der Tat: Auch gestern war das Sicherungsnetz noch immer defekt. Nur eine Absperrung, die die Verwaltung veranlasst hatte, hindert Passanten daran, zu nah ans Haus zu gelangen und sich so einem Risiko auszusetzen.