Marktkirche Marktkirche : Die Decke muss warten

Halle (Saale) - Alle zwei Jahre besteigt Jörg Kowalski im Auftrag der Stadt eine Hebebühne und überprüft in etwa 16 Metern Höhe den Zustand des großartigen Gewölbes der Marktkirche. Vor wenigen Tagen ging es für den Architekten wieder nach oben. Das Ergebnis: „An zwei Stellen haben wir lockere Rippen-Teile festgestellt und mit Drahtschleifen befestigt“, sagt der Hallenser, der seit mehr als 20 Jahren mit der Marktkirche beschäftigt ist. Denn Risse in Gewölbe und Wänden gibt es viele in dem mehr als 460 Jahre alten Gotteshaus, dem bedeutendsten Denkmal der Stadtgeschichte. Grund: Die Blauen Türme an der Westseite senken sich schon seit Jahrhunderten, und ziehen an der schlanken Konstruktion der Kirche.
„So alle zwei bis drei Generationen muss deshalb etwas am Gebäude getan werden. Jetzt ist es wieder soweit“, sagt Pfarrer Harald Bartl. Zu sehen ist das an einem Riss in der Südempore: Bei der letzten Innensanierung der Kirche im Jahr 1983 wurde der geschlossen, doch nun hat er sich wieder geöffnet. „Wenn nichts getan wird, droht eine teilweise Sperrung der Kirche!“
Der Bauförderverein der Marktkirche lädt am Dienstag, 19.30 Uhr, zu einer Benefizveranstaltung ein. Der Architekt Reinhard Rüger spricht über die Baugeschichte der Kirche. Rüger hatte sich etwa bei der Rettung der Kirche nach dem Dampfheizungsschaden 1967 große Verdienste erworben. Der Denkmalpfleger ist Träger des Bundesverdienstkreuzes. Der Universitätschor unter Leitung von Universitätsmusikdirektor Jens Lorenz sowie die Marktkantorei mit Iréné Peyrot umrahmen den Vortrag mit Werken von Mendelssohn Bartholdy, Bruckner, Brahms und Saint-Saèns. Der Eintritt ist frei, eine Spende wird erbeten.
Gegründeter Bauförderverein hat Erfolg
Seit drei Jahren werden deshalb bereits Fördermittelanträge geschrieben. Im vergangenen Jahr hat Halles größte Kirchgemeinde dann auch öffentlich Alarm geschlagen und um Unterstützung geworben. Ein Bauförderverein wurde eigens gegründet. Mit Erfolg: Das Land stellte 255.000 Euro zur Verfügung. Der Bund versprach ebenso viel Geld aus dem Förderprogramm zur Sanierung „National bedeutender Gebäude“, an die die Landesmittel gebunden sind. Gebraucht werden insgesamt 1,7 Millionen Euro. Kirchenkreis und Förderverein stellen Geld zur Verfügung. Auch Saalesparkasse und Lotto Toto hatten bereits eine Förderung in Aussicht gestellt.
In diesen Tagen sollte eigentlich der erste Teil der Sanierung beginnen. Doch daraus wurde nichts. Denn die Finanzierung ist zusammengebrochen, nachdem der Bund seinen Anteil der Förderung auf 2017 verschoben hat und damit auch das Landesgeld fehlte. Pfarrer Bartl hofft nun, dass das Geld im nächsten Jahr tatsächlich kommt und die Arbeiten im Juli beginnen können.
Frühwarnsystem zeigt Bewegungen des Gemäuers auf
Die dringende Sanierung auch der Kirchendecke muss also noch weiter warten. Die turnusmäßigen Befahrungen der etwa 1.000 Quadratmeter großen Decke sind übrigens nicht die einzige Überwachung. Es gibt auch ein technisches Frühwarnsystem: Seit 18 Jahren bereits zeichnen hochempfindliche Sensoren Bewegungen des Gemäuers auf - ein deutschlandweit einzigartiges Projekt. Die Daten werden permanent an die Bauhausuniversität Weimar gesendet. 250.000 D-Mark hatte die Technik gekostet. (mz)