Kurioser Fall vor Gericht Kurioser Fall vor Gericht: Heroin statt Kokain - Reklamation beim Dealer geht schief
Halle (Saale) - Normalerweise haben sogenannte Nebenkläger vor Gericht die Hoffnung, dass der verhandelte Fall lückenlos und mit allen Hintergründen aufgeklärt wird. Als Opfer einer Straftat sitzen sie mit ihrem Anwalt neben der Staatsanwaltschaft, die den Prozess von Amtswegen führt und gegen den Angeklagten ermittelt.
Beim Auftakt eines Prozesses vor dem Landgericht am Montag sah sich jedoch auch das eigentliche Opfer, ein 24-Jähriger aus Guinea-Bissau, einem Vorwurf ausgesetzt. Es soll sich bei ihm um einen Drogendealer handeln, der seine „Kunden“ betrog - sagt zumindest der Angeklagte, ein 26-jähriger Landsmann.
September 2018 vor einem Wettlokal in Halle: Stichverletzungen im Gesicht
Dieser soll den Nebenkläger laut Anklage mit einem Messer schwer verletzt haben. Ende September 2018 hatte er vor einem Wettlokal in der Ernst-Kamieth-Straße das Opfer aufgefordert, ihm Geld zu geben. Daraufhin habe er auf den Mann eingeschlagen, ihm Stichverletzungen im Gesicht zugefügt und sein Portemonnaie mit 300 Euro gestohlen.
Der Angeklagte, der zunächst auf die Dienste seiner Dolmetscherin verzichtete und sich auf Deutsch äußerte, schilderte die Situation anders und belastete das Opfer. „Das ist ein Drogendealer. Ich wollte von ihm Kokain kaufen, und er hat mir Heroin gegeben“, sagte er und zeigte auf seinen Landsmann. Wenn er selbst nun eine Strafe dafür bekomme, dass er Drogen kaufe, sei das in Ordnung. Aber er wolle, dass das Opfer für das Drogendealen bestraft wird, sagte der Angeklagte.
Prozess am Landgericht Halle: Heroin statt Kokain verkauft?
An dem Tag im September habe er auch nicht auf seinen Landsmann eingestochen. Als er gemerkt habe, dass der Dealer ihm statt Kokain Heroin verkauft habe, habe er ihn zur Rede gestellt. „Ich wollte mein Geld zurück oder Kokain“, sagte er vor Gericht. Doch die Reklamation habe der Dealer abgelehnt.
Daraufhin sei dem Dealer ein Messer heruntergefallen, das der Angeklagte aufgehoben habe. „Er hat meine Hand mit dem Messer genommen und sich selbst im Gesicht damit geschnitten“, sagte er. Später erzählte der Angeklagte noch, er habe an diesem Tag eine Flasche Whiskey und sechs Flaschen Bier getrunken sowie sechs Gramm Marihuana geraucht, bevor es am Abend zu dem Zwischenfall gekommen sei.
Das Opfer bestritt, jemals etwas mit Drogen zu tun gehabt zu haben, und schilderte die Situation ähnlich wie die Anklage. Mehrere Polizisten, die als Zeugen aussagten, konnten zum Streit selbst nichts sagen und nur die Situation danach schildern. Übereinstimmend sagten sie, dass ihnen die stark blutende Wunde des Opfers aufgefallen sei. (mz)