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Kunstmuseum Moritzburg Halle Kunstmuseum Moritzburg Halle: "Brücke"-Rückzug reißt keine Lücke

Von Detlef Färber 28.11.2016, 10:54
Conrad Felixmüllers Bild „Der Witwer“ von 1920
Conrad Felixmüllers Bild „Der Witwer“ von 1920 Klaus E. Goeltz/Moritzburg

Halle (Saale) - Es wird auch seine große Stunde werden: Die des schweigenden, Pfeife rauchenden Mannes, der allein in der Küchenecke am offenbar erloschenen Herd sitzt. Traurig blickt er drein, vielleicht auch missmutig. Grund zum traurig und missmutig Dreinblicken hat der Mann durchaus, denn er ist Witwer. „Der Witwer“ heißt das fast hundert Jahre alte Jugendwerk des Malers Conrad Felixmüller. Und auch das jüngste Schicksal dieses Witwers als Gemälde-Held könnte den Missmut in seinem Blick nun sagen wir rechtfertigen. Schließlich schmort es im schier überquellenden Magazin des Kunstmuseums Moritzburg.

Das wird sich ändern, denn das Museum muss seine Ausstellungen nun neu konzipieren: Nicht ganz freiwillig freilich, denn Anfang 2017 endet nach 15 Jahren die einst mit großen Hoffnungen begonnene Dauer-Präsentation der Sammlung von Hermann Gerlinger. Der 85-jährige Kunstfreund zieht seine Kollektion von Werken expressionistischer Künstler der Gruppe „Brücke“ ab. Im Museum wirkt man erleichtert.

Nach Gerlinger-Rückzug: Bauer-Friedrich schaut gelassen nach vorn

Das wiederum erzürnt so manchen. Gegen alle Gepflogenheiten trat Sachsen-Anhalts einstiger Kultusminister Sachsen-Anhalts Jan-Hendrik Olbertz gegen Moritzburg-Chef Thomas Bauer-Friedrich auf rüde nach. „Wem ein Sammler vom Range Hermann Gerlingers zu anstrengend ist“, der sei für ein Haus wie die Moritzburg nicht der richtige, was die Leitung betrifft“, so Olbertz, der einst den Gerlinger-Deal mit eingefädelt hatte, gegenüber dem MDR.

Indes blickt Bauer-Friedrich nach drei Jahren aufreibender Diskussionen in dieser Sache gelassen nach vorn. Und sieht die Chancen, die sich ergeben: So die einer neuen, umfassenderen Präsentation der eigenen Sammlungsbestände: „Wir bereiten derzeit die Ausstellungen für das Jahr 2017 vor.“ Hier agiere man „auf höchstem Niveau und internationaler Ebene“ mit der weltweit ersten Präsentation der Expressionisten Georges Rouault und Alexej von Jawlensky in einer Schau namens „Sehen mit geschlossenen Augen“.

Moritzburg-Chef: in Sachen Brücke wird wohl keine Lücke entstehen

Doch auch in Sachen Brücke wird wohl keine Lücke entstehen. „Wir haben selbst wunderbare Arbeiten der Brücke-Künstler im Speziellen“ sowie allgemein der Moderne - „angefangen bei Gustav Klimt über Edvard Munch hin zu Beckmann, Modersohn-Becker, Kirchner, Schmidt-Rottluff, Heckel, Mueller, Pechstein, Nolde, Macke, Marc, Klee, Jawlensky, Kandinsky und und und ...“ Die hätten bislang weniger oder nur in wechselnden Auszügen im Zentrum der Wahrnehmung gestanden und seien „eher als Annex zur Sammlung Gerlinger wahrgenommen“ worden, so der Museums-Chef.

Das werde sich ändern, verspricht Bauer-Friedrich und stellt „interessante (Wieder-)Entdeckungen“ in Aussicht, wie eben jenen Conrad Felixmüller, der „in seinen späten Lebens- und Schaffensjahren eng mit Halle verbunden war“.

Situation der Moritzburg: Felixmüllers „Witwer“ taugt als Illustration

Felixmüllers „Witwer“ taugt übrigens beinahe auch als Illustration für die zuletzt so belastende Situation mit der Gerlinger-Sammlung, die in der Beletage des Hauses wie ein Museum im Museum wirkte. Und so an die Situation mancher Familie erinnerte, in der so ein alter (das Haus besitzender) Witwer die große Wohnung weiter allein bewohnt, und die junge Familie samt einigen Kindern um ihn herum beengt im Souterrain und in Dachkammern hausen muss. Wobei die Jungen vergeblich hoffen, der Senior möge ein Einsehen haben und einlenken. Und sich einschränken. Bis die Jungen schließlich resigniert das Haus verlassen.

Doch an dieser Stelle freilich endet das Vergleichbare, denn die Moritzburg war eben doch kein Gerlinger-Museum und wollte auch keins mehr werden.

Einen Trost allerdings gibt es für die Gerlinger-Fans dann doch noch: Denn in Bild von Gerlinger wird Halle wohl bleiben - das des Ehrenbürgers im Rathaus nämlich: Während sich sein der Ehrung zugrundeliegendes Verdienst verflüchtigt. So bleibt ein schaler Nachgeschmack. (mz)