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Künstlerliebe über ein halbes Jahrhundert

Von Katja Pausch 09.10.2006, 16:43

Halle/MZ. - Großformatige Ölbilder wie das in den 70er Jahren entstandene Familienporträt des Ehepaares mit seinen vier Kindern bestimmen die Wände im Wohnzimmer von Elsa und Theo Dietzel in Heide-Nord. Vor dem Bücherregal mit Kunstbänden über Dalí und Magritte die Staffelei mit einer noch unvollendeten Arbeit Theos - alte und neue Berliner Brücke in Öl -, daneben der große Esstisch voller Blumensträuße. 80 Jahre alt ist der Maler und Grafiker Theo Dietzel vor wenigen Tagen geworden - Grund genug für eine Rückschau auf ein Malerleben, das seinen Anfang 1947 unter Charles Crodel und Albert Ebert nahm. Zurück aus Krieg und Gefangenschaft, nahm der junge Theodor seine ersten Arbeiten unter den Arm und bat zunächst in Weimar, später - weil dort nur Architekten und keine Grafiker ausgebildet werden sollten - in Leipzig und dann an der "Burg" in Halle um Aufnahme.

Sein allererstes "Werk" aber datiert bereits aus dem Jahr 1928 und ist heute noch in einem vom Vater gestalteten Erinnerungsbuch vorhanden: Eine Lok hat der damals zweijährige und ganz offensichtlich talentierte Theo mit Bleistift gezeichnet - mit allen erkennbaren Details. "Mein Vater hat mich später oft auf Wanderungen mit Feder und Tusche mitgenommen", blickt der gebürtige Weißenfelser auf seine frühe Begegnung mit der Malerei zurück.

Dennoch musste er zunächst mit der Ausbildung als technischer Zeichner einen "ordentlichen" Beruf erlernen - das elterliche Elektrofachgeschäft blieb ihm, sehr zum Leidwesen des Vaters, aber doch erspart, und Dietzel konnte sich der Kunst widmen. Seine Frau, ohne die Theo Dietzel gar nicht vorzustellen wäre, teilt mit ihm seit Studienzeiten an der Burg die Leidenschaft zur bildlichen Darstellung, wenn auch in einem anderen Stil. "Sehen wir etwas, was wir malen wollen, erinnert Elsa sich in Farbe, ich dagegen stets schwarz-weiß", so Theo Dietzel, der im Gegensatz zu seiner fünf Jahre jüngeren Frau eher der Grafik denn der Malerei zugetan ist.

Doch beide sind sich einig: Der Ruhestand ist nichts für sie, die Arbeit bleibt immer noch das größte Hobby. Ohne Skizzenblock und Stifte gehen sie auf keine Urlaubsreise, und während andere nach Ferienende ihr Fotoalbum aufklappen, zeigen Dietzels Erinnerungen in Öl und Pastell, Kreide oder Tusche. So entstand nach Goethes Italienreisen, die Dietzels quasi nachvollzogen, ein Zyklus kunstvoller, manchmal ironischer Grafiken und Tuschezeichnungen. Gerade erst ging eine umfangreiche Retrospektive in der Galerie des Kulturhauses Leuna zu Ende, in denen auch diese Bilder zu sehen waren.

Beim ersten Blick bereits spürt man die unterschiedlichen Handschiften: Elsa Dietzel liebt kräftige Farben, klare Strukturen, die Natur. Freundliche Stillleben, weite Landschaften, Städtebilder, ein Feldrain - ihre Motive findet sie zumeist in der näheren Umgebung: Ansichten von Lettin, Merseburg, Weißenfels, Halle. Ehemann Theo, mit ihm seit über 54 Jahren verheiratet, bevorzugt den zarteren Strich beim Zeichnen - "das ist meine Grundbegabung." Nur hier und da setzt er farbige Akzente. Er hat, sein schelmisches Naturell kommt ihm dabei zugute, jahrzehntelang Illustrationen zu Romanen angefertigt und mehr als 30 Jahre für die Tageszeitung "Freiheit" und bis 1993 für die MZ gearbeitet. Freischaffender Künstler seit 1952, ist Theo Dietzel unter anderem mit dem Kunstpreis der Stadt Halle ausgezeichnet worden, ist Mitglied des Verbandes bildender Künstler und hat Ausstellungen im In- und Ausland gestaltet. Heute sind Dietzels sechsfache Großeltern und auch Urgroßeltern. Sie leben gern, reisen viel - und, so sagen sie, "wir stellen uns immer neue Aufgaben".

Ab 13. November, 20 Uhr, Bilder von Dietzels in "Sterne der Heimat", "nt"-Galerie.