Kirche in Halle Kirche in Halle: Netz schützt Passanten an der Moritzkirche

Halle/MZ/SIKI - Eine der schönsten Kirchen und eines der wichtigsten Baudenkmäler Halles verliert an Substanz. Buchstäblich, Tag für Tag: Seit Dienstag werden die elf mächtigen Pfeiler der katholischen Moritzkirche in Fangnetze gehüllt. Denn immer mehr Teile der prächtig verzierten spätgotischen Fassade des Gotteshauses drohen sich zu lösen, was von unten allerdings normalerweise nicht zu erkennen ist. Am Dienstag aber lag am Fuß der Kirche ein großes Sandsteinstück der gotischen Bauzier: Die Arbeiter hatten es bei der Montage des ersten Fangnetzes mehr oder weniger einfach abgenommen - es war lose.
Die Netze sind eine echte Notsicherung, sie sollen Passanten vor herabfallenden Brocken schützen, bis die Fassade befestigt werden kann. „Die Sanierung der Moritzkirche ist dringend geboten. Gebraucht werden im ersten Bauabschnitt für die Pfeiler rund 520 000 Euro“, sagt Probst Reinhard Hentschel. Der Pfarrer der katholischen Pfarrei St. Mauritius und St. Elisabeth und das Bistum Magdeburg wollen einerseits die Öffentlichkeit über den ernsten Zustand der Moritzkirche informieren. Und andererseits so Mitstreiter suchen - in der ganzen Stadt. „Wir wollen einen Förderverein ins Leben rufen, der uns bei der Sanierung unterstützt.“
Vor allem aber werden nun Förderanträge bei Bund, Land und auch Kommune gestellt. Auch andere Förderquellen sollen angezapft werden, um die immerhin zwei Millionen Euro zusammenzubekommen, die eine Gesamtsanierung des Gotteshauses kosten würde. Denn die Chorfassade ist nicht das einzige Problem: Es gibt Schäden im Gebälk des südlichen Daches, Holzwürmer wüten in der Kanzel und auch bereits in der 2011 restaurierten Sauer-Orgel. „Unser Ziel ist eine Sanierung in den nächsten fünf bis sechs Jahren“, so Scholtisek, im Bistum Magdeburg für Bauprojekte zuständig.
Geld zur Rettung des bröckelnden Gotteshauses könnte vor allem aus einem Sonderprogramm Denkmalschutz des Bundes kommen. Aus Sicht von Elisabeth Rüber-Schütte, zuständige Abteilungsleiter im Landesamt für Denkmalpflege, rechtfertigt die baugeschichtliche Bedeutung der mehr als 600 Jahre alten Moritzkirche jede öffentliche Unterstützung: „Die ab 1388 gebaute Moritzkirche ist der sogenannte Erstlingsbau der spätgotischen Kirchen in Mitteldeutschland.“ Zum „Leitbau“ mache sie vor allem der Chor, dessen Außenpfeiler erstmals mit prächtigen Bildplastiken ausgestattet worden seien. Sie stammten unter anderem vom ersten Baumeister der Kirche, dem Bildhauer Conrad von Einbeck. Dessen meiste Figuren, die bis in die 1950er Jahre noch außen am Chor in Richtung Stadt blickten, sind heute verschwunden, einige befinden sich im Inneren der Moritzkirche. Auch diese Sandstein-Plastiken weisen jedoch teilweise schwere Schäden auf.
Die Beschädigungen des gesamten Gotteshauses kommen für das Bistum indes nicht völlig überraschend. „In den vergangenen 20 Jahren gab es bereits Instandsetzungsarbeiten für 1,8 Millionen Euro. So wurden Fenstergewände erneuert und Portale gesichert“, sagt Kurt Scholtisek. Nach solchen Arbeiten vor gut drei Jahren habe man beschlossen, die Schäden zu erfassen und einen Masterplan zu entwickeln.
Bauliche Probleme mit der Moritzkirche sind aber sehr alt. Denn gebaut wurde sie aus regionalem Sandstein - wahrscheinlich aus Wörmlitz -, der viel zu weich ist. „Seit Jahrhunderten musste deshalb immer wieder ausgebessert werden. Manche Pfeiler sind bereits beinahe komplett ersetzt“, so Scholtisek. Die letzte große Sanierung fand in den 1970er Jahren statt, davor in den 1950ern.