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"Keine Gewalt!" "Keine Gewalt!": So erinnern Hallenser an friedliche Revolution in der Saalestadt

Von Katja Pausch 11.09.2019, 10:30
Ein Plakat mit historischem Motiv erinnert an die Ereignisse der friedlichen Revolution vor 30 Jahren in Halle.
Ein Plakat mit historischem Motiv erinnert an die Ereignisse der friedlichen Revolution vor 30 Jahren in Halle. Katja Pausch

Halle (Saale) - Viele Menschen bleiben an diesem sonnigen Dienstagvormittag am Roten Turm stehen. Schließlich ist die blaue Hebebühne davor auch nicht zu übersehen. „Was passiert denn hier?“, fragt eine ältere Dame und offenbar Nicht-Hallenserin, und Anne Kupke vom halleschen Verein Zeitgeschichten erklärt, was „hier passiert“ - vor allem aber, was hier passiert ist vor 30 Jahren. Als im Herbst ’89 Hunderte und später Tausende Hallenser auf dem Markt für gesellschaftliche Veränderungen demonstrierten und die friedliche Revolution auch in Halle einleiteten. „Daran soll das Plakat, das wir heute hier anbringen, erinnern“, sagt Anne Kupke.

Wichtig, sich zu engagieren, einzubringen und mitzugestalten statt zu meckern

Bevor das sechs mal vier Meter große Plakat, das eine weiße Kerze auf blauem Grund zeigt, am Roten Turm befestigt wird, breiten es Thomas Häßler und sein Kollege Michael Rost vom halleschen Unternehmen Häßler-Lift für einen letzten Kontrollblick und auch für ein Erinnerungsfoto auf dem Boden aus - vor etlichen neugierigen Passanten. Einige ältere können sich noch an die Ereignisse erinnern, andere, vor allem jüngere, stellen Fragen. Für Anne Kupke und Norbert Böhnke vom halleschen Stadtmuseum eine gute Gelegenheit, mit Flyern auf verschiedene Veranstaltungen zum Thema friedliche Revolution auch im Stadtmuseum aufmerksam zu machen.

Möglich wurde die Plakataktion auch dank des Engagements Häßlers, der die wetterfeste Plane mit dem historischen Motiv lediglich für einen kleinen Obolus anbringt. „Wir als Verein könnten diese Aktion gar nicht finanzieren“, sagt Anne Kupke und freut sich über Häßlers soziales Engagement. Für Thomas Häßler, der in Halle bereits mehrfach für derartige Projekte im Einsatz war, ist das selbstverständlich.

„Solch eine Aktion des Erinnerns unterstütze ich gern“, so der Firmenchef.

Er lässt es sich nicht nehmen, selbst mit dem Lift nach oben zu fahren, um gemeinsam mit seinem Kollegen das Plakat unterhalb der Turmuhr anzubringen. Es sei wichtig, dass sich Menschen engagieren, dass sie sich einbringen und mitgestalten statt zu meckern, so Häßler.

Hallenser erinnern an friedliche Revolution in der Saalestadt

Das Motiv des Plakats indes dürfte vielen älteren Hallensern bekannt vorkommen. Es zeigt eine geballte Faust, die eine Kerze trägt unter der Überschrift „Keine Gewalt!“ Gestaltet hat dieses eindrückliche und in der Botschaft nach wie vor aktuelle Plakat die hallesche Grafikerin Steffi Kaiser, gedruckt hat es der aus Syrien stammende und seit 18 Jahren in Halle lebende Grafikdesigner Gehad Mangalo.

Bereits im Jahr 2009 erinnerte die Faust mit Kerze - ein Originalfoto von ’89, - am Roten Turm an die Ereignisse im Jahr 1989, die zumindest in Halle am 7. und 9. Oktober nicht ganz so friedlich waren. An beiden Tagen wurde der Markt gewaltsam geräumt - betroffen waren Demonstranten, aber auch zahlreiche unbeteiligte Passanten. Schlagstöcke und Hunde kamen zum Einsatz. 85 Personen wurden bei den Aktionen in einem Objekt in der Reideburger Straße - wie es damals hieß - „zugeführt“ und dort bis zum nächsten Tag festgehalten.

Entsetzen über Willkür und Gewalt gegen Bürger war Anlass für Mahnwache

Beteiligt am Einsatz waren Volkspolizei, Staatssicherheit sowie paramilitärische Betriebskampfgruppen. Den Vorsitz der Einsatzleitung hatte der 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung. Das Entsetzen über Willkür und Gewalt gegen unbescholtene Bürger war damals Anlass zur Gründung einer Mahnwache auf dem Gelände der halleschen Georgenkirche sowie einer Bürgerversammlung in der Pauluskirche mit der Forderung „Gewaltfreiheit für unsere Stadt“.

„Frauen für den Frieden!“, 22. September, 18 Uhr, Führung durch die Dauerausstellung im Stadtmuseum zu Sabine Wolff, hallesche Bürgerrechtlerin (mz)