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Interview mit Friedrich Stumpf  Interview mit Friedrich Stumpf : Chef der Sparkasse Halle geht in den Ruhestand

27.10.2013, 18:14
Friedrich Stumpf fühlt sich weiter in Halle - und in seiner Heimat der Pfalz zu Hause.
Friedrich Stumpf fühlt sich weiter in Halle - und in seiner Heimat der Pfalz zu Hause. Meinicke Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Nach dem einflussreichen Chef der Stadtwerke, Wilfried Klose, und der langjährigen Bürgermeisterin und Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados nimmt zum Jahresende ein Mann seinen Hut, der für Halle sicherlich ebenso viele wichtige Entscheidungen getroffen hat: Saalesparkassen-Chef Friedrich Stumpf. Er führte die Stadt- und Saalkreissparkasse seit 1991, konsolidierte sie nach dem Sparkassen-Skandal von 1990 und fusionierte das Geldhaus 2007 mit der Kreissparkasse Merseburg-Querfurt. Michael Tempel sprach mit ihm über Hobbys, schlaflose Nächte und die jüngste Panne bei der Umstellung auf das europäische Zahlungssystem Sepa.

Sie sind ein begeisterter Hobby-Fotograf und lieben Bootstouren. Alles Dinge für die kommenden Monate?

Friedrich Stumpf: Ich werde mich erst einmal zurückziehen, so dass ich die ersten drei Monate nicht in Erscheinung trete. Aber ich habe ja noch andere Aufgaben. Das sind zum einen die Franckeschen Stiftungen, das Diakoniewerk, die Stiftung Volkssolidarität und die Willi-Sitte-Stiftung. Da bin ich in den Aufsichtsgremien tätig.

Das klingt nicht nach Ruhestand ...

Stumpf: Das sind umgerechnet zwölf Termine im Jahr.

Es waren ereignisreiche Jahre in Ihrer Amtszeit. Wie viele schlaflose Nächte hatten Sie?

Stumpf: Einige schlaflose Nächte hatte ich eigentlich nur im Jahr 1991. Von Ende Januar bis Oktober/November.

Das war die größte Krise der Sparkasse ...

Stumpf: Das hing mit der Ausreichung ungesicherter Kredite Ende 1990 zusammen. Das hat uns das gesamte Jahr 1991 beschäftigt, bis wir sagen konnten, die Sanierungsbedingungen sind ausgehandelt.

Etwa 400 Millionen Mark waren ausgezahlt worden ...
Stumpf: ... und über 300 Millionen davon waren für uns verloren.

Inwiefern war das ein Bremsklotz bei Ihrer Arbeit?

Stumpf: Weil wir bis Ende 1995/Anfang 1996 durch Sanierungsauflagen gehemmt waren. Erst dann konnten wir Vollzug melden und sagen, die Sparkasse ist saniert. Aber die Bremsspuren, die damals gesetzt werden mussten, wirken sich bis heute aus. Das von den Trägern Stadt und Landkreis gegebene Sanierungsversprechen - sozusagen eine Schuldbürgschaft - mussten wir innerhalb von fünf Jahren zurückzahlen. Wir hatten keine Möglichkeit langfristig Geld anzulegen und das in einer Hochzinsphase. Es gab zeitweise neun Prozent Zinsen für Anlagen. Mit den heutigen Konditionen überhaupt nicht vergleichbar.

Benachteiligt das die Saalesparkasse heute noch?

Stumpf: Ja. Die Mittel fehlen beim Eigenkapital, und für uns gelten die gleichen Regelungen zur Absicherung von Kundeneinlagen wie für die anderen Kreditinstitute. Heutzutage ist Eigenkapital ein wichtiges Gut. Nach wie vor sind wir aber beim Bilanzvolumen mit 3,6 Milliarden Euro die größte Sparkasse in Sachsen-Anhalt.

Ihre Prognose: Wie wird die Saalesparkasse in zehn Jahren dastehen?

Stumpf: Die Prognosen sind einfach nicht so gut, was die Bevölkerung betrifft. Wenn die Leute immer älter werden, tritt irgendwann der Erbfall ein. Und wenn die jungen Leute dann aber woanders wohnen verlieren wir die Geschäftsverbindung. Ich hoffe, dass wir mehr produzierendes Gewerbe nach Halle bekommen. Das belebt das Geschäft. Ich bin zuversichtlich, dass die Saalesparkasse in zehn Jahren noch die Nummer eins in Sachsen-Anhalt ist.

Rückt die immer wieder mal diskutierte Fusion mit der Sparkasse Leipzig oder mit anderen Sparkassen näher?

Stumpf: Im Moment besteht überhaupt keine Notwendigkeit für eine Fusion. Die Frage ist, was passiert in der Region mit der Kunst und der Kultur, was passiert mit der Uni. Das hat ja auch Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit. Oder es gibt noch eine Gebietsreform. So dass ich mir vorstellen kann, dass ein Zusammengehen mit einer anderen Sparkasse möglich ist. Ob das unbedingt Leipzig ist, da bin ich mir nicht so sicher.

In zehn Jahren also eine weitere Fusion?

Stumpf: In zehn Jahren wird nicht so viel passieren.

Und danach?

Stumpf: Die Saalesparkasse hat eine solche Größe, dass es sie nach einer weiteren Fusion noch geben kann. Darauf haben wir auch bei der Namensgebung geachtet.

Ein weiterer wichtiger Punkt war die Fusion mit der Kreissparkasse Merseburg-Querfurt, die von heftigen Diskussionen begleitet wurde. Ist der Zusammenschluss geglückt?

Stumpf: Der ist voll und ganz geglückt. Die Integration der Mitarbeiter, das Zusammenspiel klappt. Da ist nichts zurückgeblieben.

In Ihrer Amtszeit mussten aber auch viele Mitarbeiter der Sparkasse gehen.

Stumpf: Das waren drei Mal jeweils über 100 Mitarbeiter. So haben wir bei der Fusion den Mitarbeitern lukrative Angebote für ein Ausscheiden gemacht. Es wurde niemand fallen gelassen. Betriebsbedingt wurde niemand gekündigt.

Was ist mit der Bankenkrise?

Stumpf: Durch die sind wir Gott sei Dank gut hindurchgekommen. Bei uns gilt bis heute ein Prinzip: Die Produkte, die wir verkaufen, müssen wir verstehen. Wenn wir sie nicht verstehen, lassen wir die Finger davon. Und das war gut so.

Kann man sagen, was der Sparkasse durch die Krise an Gewinnen entgangen ist?

Stumpf: Das kann man nicht so einfach. Wir müssen auch sehen, durch die Bankenkrise haben wir einen größeren Kundenzuspruch gehabt. Es sind viele zu uns gekommen und haben neue Konten eröffnet.

Die Umstellung auf das EU-weite Zahlungssystem Sepa ist derzeit in aller Munde. Versauert Ihnen die jüngste Panne in Ihrem Hause mit Doppelabbuchungen den Abschied?

Stumpf: Nein. Aber das ist ein ärgerliches Thema, wobei wir nicht Schuld waren, sondern ein Dienstleister. Das war ein reiner Bearbeitungsfehler und hat mit Sepa an sich nichts zu tun.

Gab es personelle Konsequenzen?

Stumpf: Ich gehe davon aus, dass der Verantwortliche ordentlich was zu hören bekommen hat.

Was war ihr größter Erfolg?

Stumpf: Als ich 1996 nach der Sanierung unserem damaligen Verwaltungsratsvorsitzenden Klaus Rauen einen Kontoauszug überreichen konnte, der als Saldo eine Null ausgewiesen hatte. Auch ein Erfolg war es, als alle Gremien der Sparkassen und der Träger der Fusion zugestimmt haben.

Ihre größte Enttäuschung?

Stumpf: Das Verhalten einiger Landsleute aus dem Westen 1991 und 1992.

Sie meinen Kreditkunden, die hier einfach an Geld kommen wollten?

Stumpf: So ist es.

Gibt es einen größeren Fehler, den sie sich ankreiden?

Stumpf: (lacht) Dass ich manchmal nicht Nein sagen konnte.

Was ist aus Ihrer Sicht das wichtigste Investitionsprojekt, das von der Saalesparkasse finanziert wurde?

Stumpf: Das Technologie- und Gründerzentrum in Halle.

Und das schönste Projekt?

Stumpf: Gehen wir doch nur einmal durch das Paulusviertel. Die schönen Straßenzüge, die wir dort haben. Da ist das eine oder andere Haus dabei, das mit unserer Hilfe saniert wurde. Da bin ich schon stolz. Aber da ist auch das Kunstforum in der Bernburger Straße oder der Brunnen auf dem Domplatz.

Wer wird ihr Nachfolger?

Stumpf: Roger Schenkel, der seit Jahren Vorstandsmitglied ist.

Bleiben Sie nach Ihrem Abschied Halle erhalten?

Stumpf: Ich bleibe in Halle, bin aber auch in der Pfalz und auch noch woanders.

Wo?

Stumpf: Ich habe mich bereit erklärt, im Rahmen der deutschen Entwicklungshilfe für die Sparkassenstiftung für Internationale Kooperation zeitweise tätig zu sein. Da gibt es beispielsweise Projekte in Usbekistan und Tadschikistan. Und seit 2013 sind wir auch in Turkmenistan tätig. Vielleicht kommt noch das eine oder andere Land hinzu.

Noch einmal zu Ihren Hobbys: Gibt es schon ein Ziel für eine Bootstour?

Stumpf: Da habe ich eine Idee, weiß aber nicht, ob und wann ich sie umsetze. Mein Traum war es immer, in Halle abzulegen und nach drei Jahren wiederzukommen: von Halle aus über den Rhein und die Rhone zum Mittelmeer und dann über das Schwarze Meer, die Donau und den Rhein-Main-Donau-Kanal zurück.