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Internetportal «tamyca» Internetportal «tamyca»: Fahrzeuge privat vermieten

Von FRAUKE HOLZ 30.01.2013, 20:17

Halle (Saale)/MZ. - Das eigene Auto mit dem Nachbarn teilen? Für viele unvorstellbar. Doch privates Carsharing liegt im Trend, denn es bietet Menschen die flexible Nutzung von Fahrzeugen, ohne selbst eines besitzen zu müssen. Zudem stellt es eine kostengünstige Alternative zu herkömmlichen Mietwagen dar.

Robert Mucha hat den privaten Autotausch ausprobiert. "Ich war immer Zugfahrer, aber auf Dauer wurde mir das einfach zu teuer", so der 25-jährige Sachbearbeiter, der der Liebe wegen oft zwischen Halle und Magdeburg pendelt. Ein Auto musste also her. Da er sich ein eigenes zum damaligen Zeitpunkt nicht leisten konnte, informierte er sich zunächst bei den herkömmlichen Autovermietern.

"Das wäre allerdings auch nicht günstiger gewesen als ein Zugticket, vor allem dann nicht, wenn man spontan fahren möchte", sagt Mucha. Er suchte weiter und wurde letztlich im Internet auf der Plattform "Take my car" (kurz: tamyca, dt. "Nimm mein Auto") fündig.

Das Portal hat sich auf privates Carsharing spezialisiert und bringt unter dem Motto "Miete Autos in Deiner Nachbarschaft" Autobesitzer und Gelegenheitsfahrer zusammen. Robert Mucha meldete sich an, fand auf Anhieb ein verfügbares Auto, schrieb dessen Besitzerin an und schon am nächsten Tag war er mit einem Nissan Primera auf dem Weg zu seiner Freundin nach Magdeburg. 40 Euro plus Benzin zahlte er für den spontanen Ausflug, sonstige Gebühren fielen nicht an. Das Geld wurde per Lastschrift von seinem Konto abgebucht.

"Autobesitzer können ihr Auto kostenlos zur Vermietung anbieten. Dabei bestimmen sie selbst, wie viel ihnen das eigene Auto wert ist und was sie verdienen möchten, um die eigenen Fix- und Unterhaltungskosten besser decken zu können", erklärt Celine Jungbluth, Pressesprecherin von tamyca. Auch im Hinblick auf steigende Benzinpreise lohne sich der private Autotausch, der zudem in Sachen Umweltverträglichkeit viel schonender als ein Autokauf sei.

Tauschen statt kaufen - für Robert Mucha ein Konzept, das funktioniert. "Es stehen so viele Autos herum, die nicht bewegt werden", sagt Mucha, "warum beteiligen sich die Leute nicht daran?" Er bedauert, dass es in Halle bislang kaum Anbieter gibt. Lediglich 45 sind laut tamyca derzeit in der Saalestadt registriert. "Wenn man die Umgebung von Halle mit einbezieht, stehen aber schon einige Autos mehr zu Verfügung", so Jungbluth.

Mittlerweile hat sich Robert Mucha trotz der Spritpreise sowie Anschaffungskosten ein eigenes Auto angeschafft. Dieses bietet er nun ebenfalls "Autolosen" bei tamyca zur Vermietung an. Erkennbar ist dies an einem blauen Aufkleber, der an seinem roten Fiat Bravo klebt. "Miet mich" steht darauf und ein sogenannter QR-Code ist zu sehen, der von einem Smartphone oder Tablet-Computer eingelesen werden kann und direkt zur tamyca-Seite von Robert Mucha führt. Dort findet der Nutzer Preis, Details sowie die Verfügbarkeit von Muchas Wagen.

Ungeachtet der Bedenken seiner Freunde und Familie vermietet Mucha sein Auto an andere. Warum? "Man lernt neue Leute kennen und verdient ein wenig Geld", begründet er. Und jeder Mieter habe eine andere Geschichte. So erinnert sich der 25-Jährige an einen Mann, der sein Auto für eine Fahrt zu seiner Tochter nach Bayern anmieten wollte.

"Er hatte sich erst vor Kurzem dazu entschlossen, von nun an ohne Auto zu leben", erzählt Mucha. Ein anderes Mal wurde er von einer Frau angefragt, die sein Auto für die Heimfahrt nutzen wollte, da nachts kein Zug mehr zu ihrem Wohnort fährt. Dennoch habe Mucha bislang nur wenig Miet-Anfragen. "Viele kennen das Portal gar nicht."

Angst, dass jemand einen Unfall mit seinem Wagen baut, hat Mucha nicht. "Mein Auto ist Baujahr 1996", so Mucha. Zudem sei er durch tamyca abgesichert: Vor Fahrtantritt wird mit dem Mieter ein Übergabeprotokoll ausgefüllt, auf dem unter anderem Tankfüllung und Schäden am Auto vermerkt werden - so wie bei herkömmlichen Autovermietern auch. Mucha ist sich sicher, dass die Zahl der privaten Auto(ver-)mieter zunehmen wird: "Carsharing ist die Zukunft."

Egal ob Auto, Wohnung oder Lebensmittel: Sharing ist der Trend des Jahres. So macht auch die diesjährige Cebit, die im März stattfindet und die weltweit größte Messe für Informationstechnik ist, "Shareconomy" zu ihrem Leitthema. Und das schnelle Wachstum sowie der Erfolg verschiedener Sharing-Communities zeigen deutlich, dass in Deutschland mehr denn je geteilt, getauscht und gemeinsam genutzt wird.